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Film & Serien «Ich muss nur zeigen, was ich sehe»: Michael Glawogger ist tot

Der österreichische Filmemacher Michael Glawogger ist bei Dreharbeiten in Afrika an Malaria gestorben. Sein Blick galt stets den Schattenseitenseiten der Globalisierung. Für sein neues Projekt – ebenfalls eine globalisierungskritische Dokumentation – war Glawogger seit Dezember 2013 auf Weltreise.

Der 54-jährige, vielfach ausgezeichnete Regisseur machte sich mit Dokumentationen über die Schattenseiten der Globalisierung einen Namen. «Er zeigte das Leben am Rande der Gesellschaft», beschreibt Pascal Trächslin Glawoggers Arbeit. Trächslin arbeitete in der Produktionsfirma, die Glawoggers Film «Megacities» 1998 betreute. Mit seinem Tod verliere die Filmwelt «einen profilierten Filmemacher, der gnadenlos Dinge anschaute, bei denen viele weggeschaut haben», bedauert Trächslin.

Studium in San Francisco und Wien

Glawogger schilderte das Schicksal von Prostituierten in «Whores' Glory», die körperliche Schwerstarbeit in Schwellenländern («Workingman's Death») und beleuchtete Metropolen Bombay, New York, Mexico City und Moskau in «Megacities». Diese Trilogie zu den Arbeitswelten war das Kernstück seines Werks.

Michael Glawogger wurde in Graz geboren und studierte am San Francisco Art Institute und an der Wiener Filmakademie. Mit der Tragikkomödie «Ameisenstrasse»

(1995) begann die Bekanntheit des Filmemachers zu wachsen. Für das Dokudrama «Kino im Kopf» liess er 1996 Profis und Laien einen Film skizzieren, den sie schon immer machen wollten.

Ein neues Projekt zur Globalisierung

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«Er zeigte das Leben am Rande der Gesellschaft»: Pascal Trächslin zum Tod von Glawogger
04:19 min
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International gelang ihm der Durchbruch 1998 mit dem Dokumentarfilm «Megacities», der auf dem renommierten Sundance Film Festival gezeigt wurde. Die Reihe zur Globalisierung wollte Glawogger nun mit seinem

Projekt fortsetzen, für das noch kein konkretes Konzept vorlag. «Es ist eine Carte blanche», hatte er die Produktion der Wiener Lotus Film und der Berliner Razor Film beim Aufbruch im Dezember 2013 umschrieben.

Mit einem VW-Bus fuhr das kleine Team über den Balkan nach Italien, Marokko, Mauretanien, den Senegal, Guinea und Gambia. Über Sierra Leone gelangte Glawogger schliesslich nach Liberia. In einem Blog für die «Süddeutsche Zeitung» beschrieb der Grazer seine Reiseerlebnisse.

Sendehinweis

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Zum Tod des Regisseurs zeigt SRF 1 in der Nacht von Montag auf Dienstag 29.4.14 um 00:40 Uhr Michael Glawoggers Spielfilm «Slumming» (2006).

Ohne moralische Bewertung

Eine Aufteilung der Welt in Gut und Böse lehnte er ab. «Ich brauche nicht zu bewerten, um Stellung zu beziehen. Ich muss nur das zeigen, was ich sehe», sagte er aus Anlass seines Films «Whores' Glory». «Ich glaube, ein Film, der sich vornimmt, allen Zwischentönen eines Themas zu folgen, hat keine Zeit für die Einteilung in Gut und Böse, weil die ja auch nichts bringt.»

Es gebe neben dem Verbrechen des Menschenhandels und schwerem Drogenkonsum auch viele andere Aspekte eines Alltags, der ganz andere Fragen aufwerfe. «Der so oft geforderte moralische Bewertungsgedanke ist ja fast kunstfeindlich», betonte der Regisseur.

Glawogger erhielt zahlreiche internationale Preise: Für «Megacities» den Wiener Filmpreis und für «Workingman's Death» den Europäischen und den Deutschen Filmpreis. «Whores' Glory» wurde 2011 bei den Filmfestspielen von Venedig mit dem Spezialpreis der Jury in der Reihe Orizzonti ausgezeichnet.

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