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Im Kino: «La petite dernière» Muslimisch, gläubig und queer: Wie geht das zusammen?

Der Film «La petite dernière» («Die jüngste Tochter») behandelt die Schwierigkeiten eines Coming-out in einem muslimischen Umfeld. Entstanden ist ein zärtliches Drama über Liebe, Religion und Identität – behutsam und sensibel inszeniert.

Die 17-jährige Fatima wächst als jüngste von drei Schwestern in einer fürsorglichen französisch-algerischen Familie am Rande von Paris auf. Sie hat viele Freunde, spielt Fussball, ist gut in der Schule. Der muslimische Glaube prägt Fatimas Alltag. Doch sie hat ein Geheimnis: Sie liebt Frauen.

Vier Frauen bereiten zusammen Essen in einer Küche zu.
Legende: In «La petite dernière» ist Fatima (Nadia Melliti, rechts) das Nesthäkchen der Familie. Man liebt sich – und man neckt sich. Cineworx

Ein inneres Ringen beginnt, denn ihr Begehren verträgt sich nicht mit den Erwartungen ihrer Familie, mit ihren Traditionen und ihrer Religion, die ihr sehr wichtig sind.  

Zerrissen zwischen Verlangen und Glauben

Der Imam, den sie um Rat fragt, versichert ihr: «Homosexualität ist etwas Verbotenes. Von Natur aus werden Männer von Frauen und Frauen von Männern angezogen.»

Zwei Personen in rotem Licht nah zusammen.
Legende: Ji-na (gespielt von Ji-Min Park, links) ist die grosse, ernsthafte Liebe von Fatima (Nadia Melliti). Doch die queere Beziehung ist schwierig. Cineworx

Hauptdarstellerin Nadia Melliti war fasziniert von Fatimas Mut und Kampfgeist: «Ich habe gesehen, dass diese Figur stark litt und mit sich selbst kämpfte, mit ihren aufkeimenden Wünschen und ihrer Religion. Diese Dualität hat mich wirklich interessiert und ich fand es sehr schön, das zu spielen.»

Zur Rolle dank des Fussballs

Nadia Melliti wurde durch Zufall in Paris entdeckt: «Ich war auf der Strasse unterwegs, da tippte mir jemand auf die Schulter», erinnert sich die 23-Jährige. «Ich hielt sie zunächst für eine Touristin, aber es war Audrey Gini, die Casting-Direktorin, die auf der Suche war nach einer jungen Frau mit maghrebinischen Wurzeln.»

Person vor Wand mit geometrischen Mosaiken.
Legende: Nadia Melliti spielt alle an die Wand – und wurde am Filmfestival Cannes als beste Darstellerin ausgezeichnet. Cineworx

Nadia Melliti bekam die Rolle der Fatima – trotz mangelnder Schauspielerfahrung. Auch, weil sie viele Jahre lang Fussball gespielt hatte: «Regisseurin Hafsia Herzi fand meine sportliche Seite interessant, wegen der Entschlossenheit und der mentalen Stärke im Umgang mit Schwierigkeiten. Das hat mir dann auch wirklich geholfen, diese Figur zu verkörpern.»

Frau mit Kopfhörern in Schwarz-Weiss-Profilaufnahme.
Legende: Regisseurin und Schauspielerin Hafsia Herzi: «La petite dernière» ist ihr vierter Spielfilm. Chloe Carbonel

Beste Darstellerin in Cannes

Und die Newcomerin spielt herausragend. Nadia Melliti wurde am Filmfestival Cannes als beste Darstellerin ausgezeichnet. «La petite dernière» gewann die «Queer Palm» und erntete sagenhafte zwölf Minuten Premierenapplaus.

Die Anerkennung galt auch der Autorin Fatima Daas. Sie hat den autobiografischen Erfolgsroman geschrieben, der dem Drama zugrunde liegt. Ein Herzensprojekt von Regisseurin Hafsia Herzi: «Ich war sehr berührt von der Geschichte und wirklich erschüttert vom Buch. Und vor allem dachte ich: Hey, ich habe so eine Figur noch nie im Kino gesehen. Das hat mich dazu gebracht, das Drehbuch zu schreiben.»

Lesbische Liebe und Selbstfindung

Zentral sind Fatimas innere Kämpfe: Sie erlebt ersten Sex, die erste Liebe und erste Enttäuschungen. Behutsam und feinfühlig inszeniert.

«La petite dernière» ist ein sensibles Porträt einer jungen Frau auf der Suche nach sich selbst und nach Akzeptanz in einer Welt, die lesbische Liebe nicht akzeptiert. Stark, ungewöhnlich und bewegend.

Der Film läuft ab dem 18. Dezember in den Deutschschweizer Kinos.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 18.12.2025, 17:10 Uhr

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