Der 13-jährige Conor (Lewis MacDougall) hat immer wieder denselben Albtraum: Seine Mutter (Felicity Jones) stürzt in ein bodenloses Loch, das sich in der Erde auftut. Tatsächlich leidet sie an Krebs und muss regelmässig zur Behandlung ins Spital.
Ein Monster erscheint
Dann kümmert sich jeweils seine Grossmutter (Sigourney Weaver) um Conor. Doch er mag sie nicht, weil sie streng und kalt ist. Also zieht er sich in sein Zimmer zurück und zeichnet stundenlang.
Eines nachts kommt ein Monster an sein Fenster und erklärt, es werde ihm drei Geschichteer Caln erzählen. Danach werde Conor selbst eine vierte Geschichte erzählen: seine Wahrheit.
Kein simples Schwarz-weiss
Regisseur Juan Antonio Bayona hat schon in anderen Filmen wie «El orfanato» (2007) und «The Impossible» (2012) bewiesen, dass er es sehr gut versteht, Gefühle in Bilder zu übersetzen. Das treibt er in «A Monster Calls» nun auf die Spitze.
So zeigt er etwa, wie Conor und seine Mutter den schwarzweissen Klassiker «King Kong» (1933) schauen und der Junge zu verstehen beginnt, dass ein Monster nicht nur böse ist. Geschichten müssen keine simple Schwarzweissmalerei vermitteln.
Das Monster ist eine Augenweide
Auch die Geschichten von Conors Monster sind komplex. Darin handelt der Böse auch mal gut, und der Gute verhält sich auch mal böse. Ziemlich anspruchsvoll für einen 13-Jährigen, aber eben nahe an der Realität. Denn die Chemotherapie, die Conors Mutter heilen soll, richtet eben auch viel Schaden an.
Am schönsten illustriert sind die Geschichten des Monsters: in animierten Aquarellbildern, die vor den Augen des Publikums entstehen. Aber auch das Monster, das tagsüber eine gewöhnliche Eibe ist, überzeugt. Es ist eine Kombination aus digitalen und mechanischen Effekten.
Vielschichtige Filmperle
Wer nun glaubt, er sei zu alt für die Verfilmung von Patrick Ness’ gleichnamigem Jugendbuch (deutscher Titel «Sieben Minuten nach Mitternacht»), bringt sich um eine besonders schöne Filmperle. Denn «A Monster Calls» ist so vielschichtig, dass man den Film auch sehen kann, wenn man kein Teenager mehr ist.
Juan Antonio Bayona findet starke und teils sogar poetische Bilder für Conors Ängste. Trotzdem beschönigt er nichts. Denn die Wahrheit kann manchmal eben auch hässlich sein. Hässlich wie ein Monster.
Aber aus der Wahrheit kann etwas Schönes entstehen: Kunst zum Beispiel – Conors Zeichnungen, eine Geschichte, ein Film.
Kinostart: 9.2.2017
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 9.2.2017, 16.50 Uhr