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Film & Serien Jeder kann jetzt Kino machen

Das erste «Mobile Motion Film Festival» in Zürich zeigt Filme, die ausschliesslich mit Smartphones gefilmt wurden – von Profis wie von Amateuren. Ganze Filme auf Handys zu drehen, wird immer populärer: Dank den Smartphones fällt die eigentlich eher kostspielige Infrastruktur für einen Film weg.

«Wenn einer eine gute Geschichte erzählen will, kann er das jetzt machen. Jetzt gibt es keine Ausrede mehr», sagt Philipp Andonie, Mitinhaber der Berner Filmproduktionsfirma «Rise and Shine Films». Andonie ist mit seinem Film «Nachtschicht» im Schweizer Wettbewerb des «Mobile Motion Film Festival» – kurz Momo – nominiert und gilt als einer der Favoriten.

Für ihn, der mit seiner Firma oft für das Internet produziert, war der Dreh mit dem Smartphone ein Versuch. Einer, der ihn begeistert. Für «Nachtschicht» hat er sich im Horror-Genre versucht. Selbstverständlich hat der Profi vorher ein Storyboard entwickelt, einen Schauspieler gecastet und einen Drehplan geschrieben.

Wenig Mittel, dafür viel Kreativität

Mobile Motion Film Festival

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Das Mobile Motion Film Festival findet am Samstag, 30. Mai 2015, im Kino Arthouse Uto in Zürich statt. Gezeigt werden die 13 besten der rund 250 eingereichten Kurzfilme. Eine internationale Jury vergibt Preise in den Kategorien «Bester internationaler Film», «Bester Schweizer Film», «Jungtalent», «Spezialpreis» und «Publikumspreis».

Ganz anders hat sich Célia Antunes, ebenfalls nominiert im Schweizer Wettbewerb, ihrem Thema angenähert. Ihr Film «Hiraeth», ein unübersetzbares Wort aus dem Portugiesischen, das so viel bedeutet wie «ein unbestimmbarer Ort der Sehnsucht», ist wie ein Traum erzählt. Eine Frau wird getrieben von Träumen und Sehnsüchten.

Was poetisch klingt, war bei den Dreharbeiten harte Arbeit. Zuerst wartete Célia Antunes wochenlang auf Schnee, da ihr Film im Schnee spielen sollte. Dann merkte sie, dass es für viele Ideen, die sie auf dem Papier skizziert hatte, aufwändigeres Zubehör gebraucht hätte. Improvisationstalent und Kreativität waren also gefragt. Jetzt ist die Familienfrau und Textildesignerin aber so begeistert vom Filmen, dass sie sich bereits via Crowdfunding an der Weiterentwicklung von Smartphone-Zubehör beteiligt hat.

Einzige Bedingung: komplett mit dem Handy gedreht

Das Smartphone Filmfestival Momo wurde ebenfalls mittels Crowdfunding finanziert – auf Initiative von Andrea Holle. Als Holle das Geld beisammen hatte, suchte sie sich eine internationale Jury in der illustre Namen wie die Hollywood-Schauspielerin Virgina Hey und Martin Zimper, Dozent der Zürcher Hochschule der Künste (ZHDK) mitmachen und startete ihren Wettbewerbsaufruf. Zugelassen war jedermann. Die einzige Bedingung: Sämtliche Beiträge mussten komplett mit dem Handy gedreht worden sein.

Inhaltlich hat sich Andrea Holle viel vorgenommen mit ihrem Wettbewerb. Bewertet werden: Plot, Originalität, Ton, Schnitt und wie der Film aufgenommen wird. Hinzu kommt die cinematographische Wirkung. Die ist mittlerweile kaum noch von Hollywoodfilmen zu unterscheiden.

Das Smartphone aufrüsten

Ende Januar wurde am renommierten Sundance Festival der Film «Tangerine» gezeigt. Die pralle Geschichte um zwei Freundinnen, die sich auf eine wilde Odyssee durch die Subkultur Los Angeles begeben, sorgte für Aufsehen. Denn nach der Premiere gab Regisseur Sean Baker bekannt: Alles mit dem Smartphone gedreht. Bedeutet das also, dass wir in Zukunft alle zu Filmemachern werden können, weil wir kein teures Equipement mehr benötigen?

«Natürlich ist man limitiert mit einem Smartphone, da alles automatisiert ist», resümiert Philipp Andonie, der sich als Filmemacher die manuelle Bedienung einer grossen Filmkamera gewohnt ist. Jedoch gibt es mittlerweile Zusatzmaterial, um die Smartphones aufzurüsten. Dadurch wird die Kamera zwar grösser und unhandlicher. Doch die Ausrüstungskosten halten sich in Grenzen.

«Demokratisierung der Filmbranche»

«Mit der Möglichkeit, auf einem Smartphone ganze Filme zu drehen, findet ganz klar eine Demokratisierung der Filmbranche statt», sagt Andrea Holle. Für die Direktorin des Momo-Filmfestivals ist es vor allem wichtig, dass ihr Festival eine Goldgrube für Geschichten wird. Und wer weiss, vielleicht entsteht dann daraus das eine oder andere grössere Filmprojekt.

Eines aber bleibt für Andrea Holle klar: So grossartig es ist, dass in Zukunft Geschichten unkompliziert via Handy erzählt werden können – das Anschauen der Filme ist immer noch am schönsten im Kinosaal, tief in den Sessel versunken, auf einer professionellen Grossleinwand.

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