«Weisst du, wer der Sohn Gottes ist?» fragt der sechsjährige Aatos seinen Freund Amine, der Moslem ist. Dieser antwortet: «Das ist Jesus, aber das stimmt nicht.» Aatos: «Doch. Er existiert.»
Amine: «Ich sage, er ist es nicht. Er ist nicht Gottes Sohn, er ist ein Prophet.» Aatos: «Ich kenne die Kinder Gottes.»
Amine: «Nein. Denn die Araber wissen alles besser. Die Araber kennen die wahre Geschichte.» Aatos: «Warum?» Amine: «Ich weiss es nicht.»
Aatos Eltern sind nicht religiös. Seine Mutter ist Finnin, sein Vater Chilene. Ein Stockwerk unter Aatos lebt Amine. In seiner Familie spielt Religion eine wichtige Rolle. Regelmässig betet er mit seinem Vater zu Hause und in der Moschee.
Kinder kennen keine Vorurteile
Der Film zeigt, wie selbstverständlich die Kinder über fundamentale Fragen debattieren. Obwohl sie oft nicht dieselbe Meinung teilen, respektieren sie die Sicht des anderen.
Regisseurin Reetta Huhtanen erzählt im Interview, dass ihre Schwester sie auf die Idee brachte, den Dokfilm zu drehen: Ihre Schwester ist die Mutter von Aatos.
Sie erzählte der Regisseurin, dass der Kleine eines Tages nach der Schule weinend nach Hause kam. Der Grund: Flo, seine Freundin aus der Schule, habe gesagt, dass es keinen Gott gäbe.
Die finnische Regisseurin reiste daraufhin nach Brüssel. Sie begleitete Aatos und seine Freunde sechs Monate lang mit der Kamera. Es ist erstaunlich, wie natürlich die Kinder über Gott sprechen – und damit verbunden auch über philosophisch-religiöse Themen wie das Leben nach dem Tod.
Regisseurin Reetta Huhtanen beteuert, dass keiner dieser Dialoge inszeniert ist. «Die Kinder sprechen natürlich nicht die ganze Zeit über solche Themen. Aber ich habe ihnen nicht gesagt, sie sollen jetzt über dies oder jenes sprechen.»
Terroranschlag Brüssel
Während den Dreharbeiten kam es 2016 in Brüssel zu zwei religiös motivierten Terroranschlägen, zu denen sich der sogenannte Islamische Staat bekannte.
Der Dokumentarfilm thematisiert diese Attentate – ohne die Bilder des Schreckens zu zeigen. Während aus dem Radio die Nachricht des Anschlags zu hören ist, sieht man Aatos spielen. «Die Idee war es, alles aus der Perspektive der Kinder zu zeigen», erklärt Reetta Huhtanen.
«Wenn irgendwas um sie herum passierte, haben wir die Kamera fix auf die Kinder gehalten und absichtlich nicht gezeigt, was sie sehen. Wir wollten die Reaktion der Kinder einfangen.»
Erwachsene können etwas lernen
«Götter von Molenbeek» ist ein gelungener Dokumentarfilm über kindliche Neugier, Toleranz und die Suche nach einem Gott. Keine Angst vor fremden Kulturen und ein respektvoller Umgang mit Andersdenkenden. Von dieser Offenheit können sich die Erwachsenen eine Scheibe abschneiden.