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Film & Serien Kleider machen Helden: Die Kunst des Kostümdesigns

Filme, die in einer anderen Epoche spielen, beschäftigen unsere Phantasie in besonderer Weise. Meist sind sie auch optisch ein Genuss – dank der Kostüme. Wie zeitgetreu sind diese? Das sei ein Anspruch, dem das Kostümdesign nicht genügen müsse, sagt «Downton Abbey»-Designerin Susannah Buxton.

Frauen mit eng geschnürten Miedern, voluminösen Reifröcken und abenteuerlichen Hutkreationen neben Männern in dunklen Anzügen, gestärkten Hemden und Halsbinden, die sie zu ersticken drohen: Was wir uns im richtigen Leben nie zumuten möchten – auf der Leinwand sind wir davon begeistert.

Kostümfilme erlauben uns einzutauchen in die Welt unserer Urahnen, mit all ihren moralischen Zwängen, den gesellschaftlichen Missständen und der Sehnsucht nach besseren Zeiten. Und dies, ohne dass wir selbst Schaden nehmen. Und eben diese Kleider! Da wird jede Frau zur Prinzessin, jeder Mann zum Prinzen.

Optisches Bild der Vergangenheit

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Susannah Buxton: «Was ist ein Kostüm?»
00:18 min
abspielen. Laufzeit 18 Sekunden.

Was wir sehen, glauben wir. Meistens jedenfalls. Das gilt auch beim Spielfilm: Während wir genau wissen, dass die Handlung frei erfunden ist, speichern wir die Ausstattung und die Kleidung als Realität. Filme prägen unser Bild der Vergangenheit. Zu Unrecht.

Susannah Buxton

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Legende: www.susannahbuxton.co.uk

Bachelor of Arts in Art & Design, Birmingham College of Art; Nachdiplomstudium Radio Film and Television, Bristol University; Mitglied der British Film Designers Guild. Zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem «Emmy» und den Preis der «Costume Designers Guild» (USA) für «Downton Abbey».

Eine, die weiss wie Kostümdesign funktioniert, ist Susannah Buxton. Seit 30 Jahren ist die Britin in der Branche tätig und hat unter anderem die Kostüme entworfen für die ersten beiden Staffeln der britischen Fernseh-Serie «Downton Abbey» - eine Geschichte um Liebe, Macht und Intrige, die sich in einem englischen Landsitz rund um den ersten Weltkrieg abspielt. Für ihre Arbeit ist sie mehrfach ausgezeichnet worden.

Am Anfang jeder Arbeit stehe die intensive Recherche, sagt Susannah Buxton. Das sei gerade bei Kostümfilmen besonders wichtig. Gemälde erzählen von den Kleiderordnungen früherer Zeiten, Fotos ebenfalls, sofern vorhanden. Man liest Bücher, besucht historische Museen und schaut sich bei Antiquitätenhändlern um. Neben Designtalent braucht es also auch ein sattelfestes Wissen in Geschichte und Stilkunde.

Budget diktiert Echtheit

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Susannah Buxton: «Kostümfilme sind keine Dokumentarfilme»
00:29 min
abspielen. Laufzeit 29 Sekunden.

Wenn es ans Umsetzen der Kostümideen geht, kommt ein weiterer Faktor ins Spiel: das Produktions-Budget. Susannah Buxton möchte wann immer möglich Originalmaterialien verwenden. Samt, Seide und Perlen sind jedoch teuer und synthetische Stoffe und Kristalle tun ihre Wirkung auch. Genau darum geht es beim Kostümdesign: Man bilde mit modernen Materialien den Look von früher nach. Ein Kostümfilm sei eine Übersetzung und kein Dokumentarfilm über die Vergangenheit, sagt Susannah Buxton. Man mache einen Spielfilm, habe dadurch einen Freipass für Theatralik und eigene Interpretation.

Zum Beispiel Haremshosen

Weite hellblaue Frauenhosen im arabischen Stil.
Legende: Die Haremshosen, entworfen von Susannah Buxton. Filmstill aus «Downton Abbey».

Was sie damit meint, zeigen Haremshosen, die sie für eine Szene von «Downton Abbey» entworfen hat. Susannah Buxton fand heraus, dass das bedeutende Ensemble «Ballets Russes» damals in London gastierte und bei seinem Auftritt solche Haremshosen trug. Davon war die Londoner High Society begeistert – und machte Haremshosen salonfähig. Susannah Buxton hat für ihre Umsetzung einem Sammler ein kleines, kostbares Stück bestickten Stoffs abgekauft und daraus das Mieder genäht. Das ist das einzige authentische Material. Die anderen Materialien, die sie verwendet hat, sind neu.

Manchmal gelingt die Verschmelzung von modernster Technologie mit alten Schnitten hervorragend. Beispielhaft zeigt dies das grüne Kleid, das Hauptdarstellerin Keira Knightley in «Atonement» trägt. Designt hat dieses 1930er- Jahre-Kleid Jacqueline Durran, die eben den Oscar für Kostümdesign für «Anna Karenina» gewonnen hat. Sie hat in die Bordüre des Kleides mit Laser ein Lochmuster gestanzt. Das lässt das Kleid luftig und leicht erscheinen – eine zeitgetreue Spitzenstickerei hätte es unvorteilhaft beschwert. Das Publikum liebte dieses Kleid und wählte es 2008 zum besten Kleid aller Zeiten.

Schäbiger Darth Vader

Schwarze Maske und Lichtschwert: Darth Vader.
Legende: «May The Force Be With You»: Darth Vader, auch als Spielzeug erhältlich. Keystone / Mark Lennihan

Manchmal jedoch liegt alles an der richtigen Beleuchtung auf dem Set, damit ein Kostüm Kultstatus erlangt. Das gilt besonders für Darth Vaders Outfit im Science-Fiction- und Kostümfilm «Star Wars» von George Lucas. Riesenhaft und unheimlich wirkt Darth Vader in seinem tiefschwarzen Kostüm, mit dem angsteinflössenden Helm und dem langen Mantel.

Wer jedoch das legendäre Kostüm letzthin in London in einer Ausstellung sah, war enttäuscht. Billig sieht der synthetische Stoff aus, wie selbstgebastelt und die Knöpfe auf der Brust wie draufgeklebt. Erst mit der richtigen Ausleuchtung hat das Kostüm sein Geheimnis und seine Ausstrahlung erhalten.

Das ist die hohe Kunst des Kostümdesigns: Materialien und Schnitte so einzusetzen, dass im Zusammenspiel mit den Gesetzen der Kamera eine perfekte Illusion entsteht.

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