Zwei Typen strampeln im Hinterland der Côte d’Azur mit ihren Fahrrädern einen Pass hinauf. Schwer atmend erzählt Kyle seinem besten Freund Mike von seinen Heiratsplänen, von seiner Traumfrau.
Da unterbricht ihn Mike: «Ich habe mit ihr geschlafen.» Aus der körperlichen Belastungsprobe wird im Handumdrehen eine emotionale – und das Publikum kann sich zurücklehnen und beobachten, wie die Situation eskaliert.
Tiefpunkte als Highlights
Die Handlung der Komödie «The Climb» ist unterteilt in einzelne Kapitel – eingefangen in aussergewöhnlich langen Kamerafahrten, gewürzt mit pointierten Dialogen.
Erzählt wird die Hassliebe zwischen Kyle und Mike über ein Jahrzehnt hinweg, wobei sich die Story mit Vorliebe auf die absoluten Tiefpunkte der Beziehung konzentriert.
Die Dynamik des Duos bleibt den ganzen Film lang die gleiche: Der an sich liebenswerte Mike hat die sozialen Fähigkeiten eines Bruchpiloten, aber der gutmütige Kyle bringt es trotzdem nicht fertig, seinen destruktiven Freund in die Wüste zu schicken.
Das alles spielt sich in einem strikt heterosexuellen Kontext ab. Es geht eigentlich immer um Frauen.
Die Filmemacher als Hauptdarsteller
Mike und Kyle heissen im echten Leben Michael Angelo Covino und Kyle Marvin. Die beiden Filmemacher haben sich gemeinsam das Drehbuch auf den Leib geschrieben und ihre Figuren auch gleich nach sich selbst benannt – nicht angestiftet von autobiografischem Ehrgeiz, sondern eher von Selbstironie.
Es gibt einen grossen Vorwurf, den man «The Climb» machen kann, und vielleicht auch machen muss: Im Film wird jede Menge virile Arschlochigkeit mit auffälliger Sympathie durchgewunken.
Kyle verzeiht Mike wiederholt Unverzeihbares. Dabei entsteht der Eindruck, dass auch die beiden Autoren die diversen Übergriffe und Fehltritte ihrer Protagonisten irgendwie gutheissen.
Sezierte Männerklischees
Wer sich daran stört, übersieht, was der Film tatsächlich aufs Korn nimmt: Covino und Marvin geht es eben gerade nicht um ein augenzwinkerndes Abfeiern des Kumpeltums, wie es etwa in den Filmen von Judd Apatow oder Adam Sandler geschieht.
Vielmehr zerlegen sie genüsslich und mit satirischer Schärfe diverse Vorurteile, die man Männern so zuschreibt – der neurotische Mike etwa blendet die Konsequenzen seines Tuns geradezu systematisch aus, während sich Kyle auf das grossräumige Umfahren von Konflikten spezialisiert. Das ist meistens witzig, in einigen Passagen auch nervig.
Eigentlich würden diese Figuren gelegentlich einen Tritt in den Hintern verdienen – und weil der Gott, der die kleinen Sünden sofort bestraft, in diesem Film eine unsichtbare Hauptrolle spielt, erhalten sie den auch immer wieder. Mehrmals kommt es im Film zu körperlichen Handgreiflichkeiten – wohl eine typisch männliche Art, Probleme zu lösen.
Filmstart: 20.08.2020