Zum Inhalt springen

Header

Audio
Ennos Reins über «Spider-Man: No Way Home»
Aus Audio Aktuell SRF 3 vom 16.12.2021. Bild: Sony Pictures
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 42 Sekunden.
Inhalt

Marvel und sein Multiversum Warum gibt es so viele Spider-Männer?

Mit «No Way Home» kommt wieder ein neuer Spiderman-Film in die Kinos. Erlebniswelt Endloserzählung – eine Erkundungstour.

Am Anfang waren die Spider-Man-Comics. Das sind seit 1961 über 27'000 , die auf rund einer halben Million Seiten ihre Geschichten ausbreiten. Und jeden Monat kommen neue Hefte hinzu.

Marvel-Figuren wie Spider-Man tauchten immer schon nicht nur in den eigenen Titeln auf. Sie haben auch Gastauftritte bei anderen Helden und Heldinnen. Dazu gibt es grosse Crossover-Events, in denen in dutzenden Heftreihen eine übergreifende Geschichte erzählt wird.

«Spider-Man: No Way Home» – Die Filmkritik

Box aufklappen Box zuklappen

Das Geheimnis ist raus. Jeder weiss: Spider-Man ist der Schüler Peter Parker. Um das rückgängig zu machen, will der Wandkrabbler vom Magier Dr. Strange die Realität ändern lassen. Das geht fürchterlich schief.


Böse Typen tauchen auf, von denen Spider-Man noch nie gehört hat. Auch die Schurken sind irritiert. Weil dieser Spider-Man nicht der Spider-Man ist, den sie kennen.

Warum? Spider-Man, die Superschurken und die Zuschauer:innen lernen von Dr. Strange: Es gibt neben unserer Erde andere Erden, die ähnlich, aber nicht gleich sind: Das Multiversum.

«Spider-Man: No Way Home» ist wie die beiden Vorgänger mit Tom Holland als Wandkrabbler lustiges, kurzweiliges Popcornkino, das sich wie alle Filme bei mehreren Comicvorlagen bedient.

Für Fans gibt es ein Wiedersehen mit altbekannten Schurken. Der Grüne Kobold, Sandman und Doc Ock aus der Spider-Man Trilogie (2002 bis 2007) mit Toby Maguire und Electro und Lizard aus den Spider-Man-Filmen mit Andrew Garfield (2012 bis 2014).

Komplexes Netzwerk

Der geschäftliche Ansatz dahinter ist klar: Die Leserinnen und Leser dazu zu bewegen, mehr Comics zu kaufen. Inhaltlich heisst das, dass ein fiktives Universum entstanden ist, dessen Figuren alle in Beziehung zu einander stehen und Teil einer grosse Erzählung sind.

Das ist knifflig. Weil trotzdem jedes Heft für sich verständlich bleiben muss.

Spider-Man trifft Dr. Strange, der aus einer Tür kommt.
Legende: Treffen der Superhelden: Spider-Man und Dr. Strange. Marvel

Es ist auch schwierig, weil die Abenteuer der Superhelden und Superheldinnen Endloserzählungen sind. Seit 60 Jahren schwingt beispielsweise Spider-Man durch New York. Um eine neue Leserschaft zu erreichen, wird seine Entstehung, wie auch die anderer Figuren, immer wieder neu erzählt.

Dieses komplexe Erzählungsnetzwerk aus den Comics wurde auf Filme und in Serien übertragen. Das sind bisher 27 Filme und 16 Serien, seit 2008, als mit Iron Man im Kino das Marvel Cinematic Universe (MCU) gestartet wurde. Und das Universum wächst. Pro Jahr kommen durchschnittlich zwei bis drei neue Filme und zwei neue Serien dazu.

Spider-Man auf einem Auto. Dr. Strange schaut skeptisch zu.
Legende: Spider-Man und Dr. Strange im neuen Film «Spider-Man: No Way Home». Disney

Das MCU unterscheidet sich von anderen Film-Franchises. Weil es auf Comics basiert und das serielle Erzählen der Vorlagen übernimmt, genauso wie die Verzahnung der jeweiligen Handlung, wodurch, wie in den Comics, auch eine Welt entsteht.

Iron Man, Spider-Man und Dr. Strange schauen skeptisch.
Legende: Von rechts nach links: Iron Man, Spider-Man und Dr. Strange in «Avengers: Infinity War»(2018). Disney

Das Storytelling ist neuartig. Es gibt auf der einen Seite ein klassisches, gradliniges, serielles Erzählen, aber auch ein nichtlineares, quer von einem Film zu einer Serie und zu einem anderen Film, wieder zu einer Serie und so weiter.

Für das Publikum ist das nachvollziehbar, weil durch die Digitalisierung Filme und Serien ständig verfügbar sind und mehrfach angeschaut werden können wie ein Comicheft. Und wenn man eine Frage hat, kann man schnell im Internet nachschauen.

Spider-Man auf einem Autodach.
Legende: «Spider-Man: No Way Home» ist der dritte Film mit Tom Holland. Auch in den Filmen um Captain America und den Avengern war er dabei. Disney

Die Geburt des Multiversum

Als wäre die bisherige Art des Erzählens nicht schon komplex genug, führt jetzt «Spider-Man: No Way Home» im Kino das MCU in eine neue Richtung.

Wie zuvor dienen die Comics als Vorlage. Weil es dort im Laufe der Jahre so viele Varianten ein- und derselben Figur gab und der Marvel-Konzern die Idee eines grossen Bogens nicht aufgeben wollte, schuf man das Multiversum. Heisst: Es existieren verschiedene Erden nebeneinander, die ähnlich, aber nicht gleich sind.

Spider-Man als Schwein
Legende: Peter Porker alias Spider-Ham von der Erde 8311 tauchte in den Comics erstmal 1983 auf, im Kino 2018. Disney

Mehr als eine Erde

Dass eine Reise von einer Welt zur anderen möglich ist, wenn auch nur unter aussergewöhnlichen Bedingungen, macht die Idee des Multiversums anspruchsvoll. Denn auf einmal können Varianten der selben Figur miteinander interagieren, deren Aktionen aber der grossen Erzählung nicht widersprechen dürfen.

Das Multiversum ist kommerziell reizvoll, weil es neue und mehr Inhalte schafft. Auch für Filmreihen und Serien. Einen Vorgeschmack gab es dieses Jahr in der Serie «Loki», in der der Titelheld in verschiedenen Varianten auftaucht.

Spider-Man als Mädchen, Frau, Hispanic, als älterer Mann und in schwarz -weiss.
Legende: Verrücktes Multiversum: Sechs verschiedene Spider-(Wo)Man im Animationsfilm «Spider-Man: Into the Spider-Verse». Disney

Im neuen «Spider-Man: No Way Home» brechen die Grenzen zwischen den Welten auf. Es tauchen Schurken aus den alten Spider-Man-Filmen auf, die bisher nicht Teil des MCU waren. Und der nächste Teil trägt das Multiversum im Titel: «Doctor Strange in the Multiverse of Madness».

Das MCU ist eine äusserst profitable Franchise, aber auch eine neue Erzählform, die Filme und Serien der Zukunft beeinflussen wird.

SRF 3, 16.12.2021, 17:10 Uhr

Meistgelesene Artikel