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Mexploitation im Kino Die Lust am Billigen: mexikanische Exploitationfilme im Kino

Das Zürcher Kino Xenix zeigt sexsüchtige Vampire, entblösste Brüste und viel Blut: Zusammengestellt hat die Filmreihe die Direktorin der Solothurner Filmtage.

Auf einem Friedhof im mexikanischen Grenzgebiet öffnet sich ein Grabdeckel. Zwei klauenbewehrte Hände kriechen heraus, wenige Sekunden später fällt das wolfsähnliche Wesen mit langem, blondem Haar über einen ahnungslosen Camper her. Er zerfleischt ihn auf der Stelle.

Das ist der Anfang von «La Loba», einem Werwolffilm von 1965. Er gehört zu jenen schnell gedrehten Billigstproduktionen wie sie ab Mitte der 50er-Jahre in Mexiko das sensations- und unterhaltungslüsterne Massenpublikum bedienten.

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«Mexploitation»: Ein Buch und eine Filmreihe widmen sich den Wolfsfrauen aus Mexiko.
aus Kultur kompakt vom 03.05.2018. Bild: Producciones Sotomayor
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 23 Sekunden.

Vergnügen am Schlechten

Dass viele Kinofreunde auch heute noch das Vergnügen an schlechten Filmen zelebrieren, hat vor allem damit zu tun, dass gerade Billigfilme aus der Not eine Tugend machen und die Fantasie beflügeln.

Das sieht auch Seraina Rohrer so, die ihre Doktorarbeit über dieses mexikanische Billigkino geschrieben hat: «Man sieht es allen B-Movies, Exploitation- und Mexploitation-Filmen an – die Leidenschaft ist gleich wie bei guten Filmen.»

Ein buntes Filmplakat: Eine fast nackte Frau steht neben dem Gesicht eines Monsters.
Legende: Scharfe Zähne und viel Blut: «La Loba» erzählt die Geschichte einer tollwütigen Kreatur, die Leute zerfleischt. Producciones Sotomayor

Dazu kommt bei der Mexploitation eine volkstümliche Komponente, etwa mit der Figur der indigenen La India Maria, die tollpatschig und bauernschlau Chaos anrichtet und am Ende doch immer triumphiert. Ein bisschen erinnert sie vielleicht an Italiens Kinokomödienfigur Toto oder an HD-Läppli in der Schweiz.

Prügel für sexsüchtige Vampire

Aber eigentlich gibt es wenig Vergleichbares bei der hiesigen Produktion, sagt Seraina Rohrer: «Die Spontaneität dieses Kinos ist bestechend, weil sie immer wieder aus dem Moment heraus agiert», sagt Rohrer. «Auch die Produktionspraktiken sind zum Teil sehr anders als in der Schweiz. Insbesondere auf der Ebene der Spontaneität kann man einiges mitnehmen.»

Zu diesem spontanen Volksvergnügen gehören auch die maskierten Rächer, die «Luchadores», eigentlich mexikanische Ringkämpfer, die in den Filmen dann auch mal Aliens verprügeln oder sexsüchtige Vampire.

Ein Filmposter: Links ist ein Vampir mit offenem Mund und scharfen Zähnen.
Legende: Dieser Vampir wünscht sich statt Blut entblösste Brüste: Filmplakat zu «El vampiro y el sexo» (1969). Cinematográfica Calderón S.A.

Eine mitteleuropäische Parallele zu diesen Prügelorgien, lässt sich zumindest erkennen. «Bud-Spencer-Filme haben auch diese Slapstick- und Overacting-Elemente», sagt Rohrer. «Sie sind ein bisschen schlecht – oder eben sehr schlecht, aber gleichzeitig sehr lustig. Die Leute, die dahinterstecken, sind unglaublich intelligent sehr überlegt.»

Etwa die Produzentin und Schauspielerin Maria Elena Velasco, deren Kinofigur «La India Maria» in Mexiko bis heute extrem populär geblieben ist.

Auf Youtube findet sich ein gutes Dutzend Filme mit «La india Maria», ohne Untertitel natürlich. Seraina Rohrer hat ihr die kürzlich erschienene Buchausgabe ihrer Dissertation gewidmet.

Die Filme der Mexploitation-Reihe sind im Kino Xenix in Zürich noch bis Ende Mai zu sehen.

Sendung: Radio SRF Kultur, Kultur Aktulität 03.05.2018, 08:20 Uhr

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