«Ist Amerika bereit für einen bewaffneten, mit Tigern kämpfenden, schwulen Polygamisten-Präsidenten?» Mit dieser Frage beschreibt ein Reporter in der Doku-Serie «Tiger King» den Hauptprotagonisten ziemlich genau.
Joseph Maldonado, der sich Joe Exotic nennt, betreibt einen Privatzoo in Oklahoma. Zeitweise mit über 100 Tigern. Er ist mit zwei Männern verheiratet und sieht aus wie eine Mischung aus dem Wrestler Hulk Hogan und den Zauberern Siegfried & Roy.
Streaming-Hit
Joe Exotic ist die Hauptfigur der Doku-Serie «Tiger King», die seit März auf Netflix zu sehen ist. Laut Marktforschungsinstitut Nielsen gehört sie zu einer der erfolgreichsten Produktionen des Streaming-Anbieters und sorgt immer noch für jede Menge Gesprächsstoff.
Joe Exotic ist ein Typ, der in Zeiten von Corona die Massen mit seinem exzentrischen Wesen fasziniert, schockiert und vor allem unterhält. Er kandidiert chancenlos als US-Präsident und als Gouverneur von Oklahoma, sorgt aber für gute Unterhaltung in den Talkshows.
Im Land der Tiger-Fanatiker
Doch «Tiger King» wäre nicht ein internationaler Streaming-Hit geworden, der im Internet kommentiert und diskutiert wird, wenn es nur um das skurrile Leben eines Raubtierzüchters mit Vokuhila-Frisur gehen würde.
Tiger in Privatbesitz
Als Erstes erstaunt es, dass Privatpersonen in den USA überhaupt über 100 Raubtiere besitzen dürfen. Allein in den Vereinigten Staaten sollen schätzungsweise etwa 10'000 Tiger privat gehalten werden. In freier Wildbahn leben weltweit nur etwa 4000 Tiger.
Die Miniserie führt den Zuschauer in die Welt der Raubtier-Fanatiker und Händler. Was wie eine dokumentarische Freakshow beginnt, entwickelt sich zu einem spannenden Krimi.
Tiger King vs. Tierschützerin
Neben Joe Exotics fragwürdigem Geschäft mit gezüchteten Tiger-Babys steht seine Rivalität mit der Tierrechtlerin Carole Baskin im Zentrum der Geschichte.
Sie ist aber nicht die Heldin. Die Frau besitzt auch einen Zoo und wird beschuldigt, ihren Ehemann getötet und an Tiger verfüttert zu haben.
Der Streit nimmt unglaubliche Formen an. Joe Exotic sitzt seit Anfang des Jahres im Gefängnis. Zu 22 Jahren verurteilt. Weil er jemanden angeheuert hatte, Carole Baskin zu ermorden. Gegen sie wiederum wird mittlerweile wegen ihres verschwundenen Ehemannes ermittelt.
Trump und Tiger King
An der Doku-Serie kommt man einfach nicht vorbei. Immer wieder sorgt sie für Schlagzeilen. Unlängst fragte ein Reporter tatsächlich scherzhaft den US-Präsidenten Donald Trump, ob er den Tiger King begnadigen werde. «Ich schau mir den Fall an», war die auch nicht ernst gemeinte Antwort.
Carole Baskin fühlt sich mittlerweile von den Machern der Serie ungerecht behandelt. Auf ihrer Website bezeichnet sie die Serie als «obszön und reisserisch».
Das kann doch alles nicht wahr sein
«Tiger King» ist wie ein voyeuristischer Trip in ein Paralleluniversum. Als Zuschauer sitzt man Folge um Folge fassungslos auf dem Sofa. Den Filmemachern Rebecca Chaiklin und Eric Goode gelingt ein spannendes Spektakel über kriminelle, drogensüchtige, narzisstische und schlecht gekleidete Tiger-Fanatiker.
Gerade in Zeiten der Isolation ist dieses Schauspiel des Wahnsinns eine willkommene Flucht aus der Einöde der eigenen vier Wände.