Am 27. Juni 1976 hielt die ganze Welt den Atem an, nachdem eine Gruppe deutscher und palästinensischer Terroristen einen Flieger voller Israeli gekapert hatte. Gemäss dem Plan der Entführer sollten die israelischen Geiseln gegen palästinensische Gefangene ausgetauscht werden. Doch dazu kam es nicht…
Das deutscheste Zitat
«Ich bin kein Nazi!», sagt der überzeugte Linke Wilfried Böse, als er damit beginnt, die jüdischen Gefangenen von den restlichen Fluggästen abzusondern. Hinter der Trennung steckt tatsächlich keine rassistische Motivation. Die Entführer wissen: Israel lässt sich – wenn überhaupt – nur mit jüdischen Geiseln erpressen.
Böse hält sich und seine Komplizen für die Guten, die bloss widerwillig zur Gewalt greifen: «Wir wollen niemanden verletzen. Wir sind Menschenfreunde!»
Der Regisseur
José Padilha ist einer der erfolgreichsten brasilianischen Filmemacher der Gegenwart. Gleich mit seinem Kinodebüt, der kontroversen Militärpolizisten-Ode «Tropa de Elite», gewann er 2008 den Goldenen Bären. Richtig Kohle machte Padilha als Autor, Regisseur und Produzent aber erst mit der Fortsetzung: «Tropa de Elite 2» spielte 63 Millionen Dollar ein, fast 50 Millionen mehr als sein Vorgänger.
Dann folgte der Sprung nach Hollywood, wo Padilha 2014 das Remake von «RoboCop» und 2015 den Piloten der Drogenkartell-Serie «Narcos» inszenierte. Die jüngste Schöpfung des inzwischen 50-Jährigen feierte im März auf Netflix Premiere: «Der Mechanismus» arbeitet sich am Korruptionsskandal ab, der seit 2014 Padilhas Heimatland Brasilien lähmt.
Fakten, die man wissen sollte
Die Besetzung der beiden deutschen Figuren bietet reichlich Gesprächsstoff. Einerseits, weil Daniel Brühl mit seiner Rolle in grosse Fussstapfen tritt: Helmut Berger («Victory at Entebbe»), Horst Buchholz («Raid on Entebbe») und Klaus Kinski («Operation Thunderbolt») verkörperten in den späten 1970er Jahren Wilfried Böse.
Andererseits, weil Böses Komplizin Brigitte Kuhlmann von einer Britin gespielt wird, die in Wirklichkeit kein Deutsch spricht: Von Rosamund Pike, die ihre Karriere als Bond-Girl begann und für «Gone Girl» eine Oscarnominierung erhielt. Ihre Dialogzeilen in «7 Days in Entebbe» merkte sich die Londonerin in rein phonetischer Form – was man leider auch als Zuschauer merkt: Obwohl Pike jedes einzelne Wort richtig ausspricht, fühlt sich fast jeder Satz auswendig gelernt und darum völlig falsch an.
Das Urteil
Das Positive vorneweg: Anders als viele frühere Verfilmungen, feiert «7 Days in Entebbe» die militärische Befreiungsaktion der Geiseln nicht als pathetisches Actionspektakel. Der Kampf zwischen Gut und Böse findet in jedem Einzelnen statt: Der Antizionist Wilfried Böse ringt mindestens genauso heftig mit seinem Gewissen wie Israels Ministerpräsident Jitzchak Rabin.
Dummerweise tönt das alles in der Theorie viel besser, als es sich in der Praxis, sprich: auf der Leinwand, präsentiert. Statt politisch ausgewogen und relevant wirkt die britisch-amerikanische Koproduktion unentschlossen und unausgegoren.
«7 Days in Entebbe» ist ein furchtbar ängstlicher Film, der weder sein Genre, noch seine Helden zu nennen wagt. Dabei gilt: Wer seine Haltung bewahren will, muss erst einmal eine haben!
Kinostart: 3.5.2018