Im Film «A Man Called Otto» wird Tom Hanks zum Miesepeter. Die Verwandlung vom netten Kerl zum Unsympath hat er sich lange nicht zugetraut.
2019 fragte eine New-York-Times Journalistin den Hollywoodstar, warum er selten Bösewichte spiele. Er erwiderte: Die Darstellung eines Schurken erfordere ein gewisses Mass an Boshaftigkeit, das er nicht vortäuschen könne.
Später erklärte er: «Ich habe vor langer Zeit erkannt, dass ich niemandem Angst einflösse.»
American Dad
Das passt zu Tom Hanks Image als normalster Typ Hollywoods, als American Dad, das ihm die US-Presse gegeben hat.
Es ist ein Ruf, den er pflegt. Bei öffentlichen Auftritten wirkt er bodenständig. Skandale findet man bei ihm nicht. In der US-Comedyshow «Saturday Night Live » trat er 2016 im Anfangsmonolog als Vater der USA auf.
Ein guter Mensch in allen Filmen
Freundlich und väterlich ist Tom Hanks auch in seinen Filmen. Ob als Bürgerkriegsveteran, der ein weisses Mädchen, das bei den Kiowas ausgewachsen ist, zurück zu ihrer Familie bringt (2020: «News of the World») oder als Erzeuger von «Pinocchio» (2022).
Spielt er mal einen Gangster, wie in «Road to Perdition» (2002), tötet er nur, um seinen Sohn von anderen Verbrechern zu retten.
Der böse Hanks
Doch schaut man seine beiden aktuellsten Filmen an, scheint es, als habe Tom Hanks mit 66 das «gewisse Mass an Bösartigkeit» in sich entdeckt.
Vergangenes Jahr war es die Rolle des Colonel Parker im oscarnominierten Biopic «Elvis». Er spielte den Mann, der den King of Rock ’n’ Roll gross gemacht und gleichzeitig ausgenommen hat.
«Tom Hanks wird dunkel» titelte das US-Branchenblatt «Entertainment Weekly» entsetzt. Die Rolle widersprach seinem Image.
Otto nervt
Colonel Parker war einer der spannendsten Auftritte von Tom Hanks seit langem, weil er fies, manipulativ und gierig sein durfte. Die Lieb-Nett-Rollen wurden auf Dauer langweilig.
Jetzt legt Tom Hanks nach. Mit der Tragikomödie «A Man Called Otto», dem Hollywood-Remake des schwedischen Kassenschlagers «En man som heter Ove» (2015). Tom Hanks spielt den alten, unsympathischen Griesgram Otto, der den Mitmenschen in seiner Strasse auf den Wecker geht. Er ist ein Genauigkeitsfanatiker, hasst Unordnung und weiss immer alles besser.
Wie bei Colonel Parker hat man den Eindruck, dass Tom Hanks Spass daran hat, diesen Unsympath und Nachbarschaftsschreck zu spielen. Anders als der Elvis-Manager besitzt Griesgram Otto jedoch keine kriminelle Energie, sondern ist ein Typ mit schwierigen Charaktereigenschaften.
Otto ist eine tragische Figur. Nach dem Tod seiner Frau möchte er sich umbringen, was aber immer wieder schiefgeht. Das liegt an den neuen Nachbarn, an der schwangeren Marisol (Mariana Treviño) und ihrer Familie, die ihn bei seinem Unterfangen stört.
Wie die Tragikomödie sich entwickelt, ist klar und voraussehbar. «A Man Called Otto» vom Schweizer Regisseur Marc Forster ist sehenswert, nicht weil man rätselt, wie er ausgeht, sondern weil er humorvoll, niedlich und herrlich sentimental ist.
Der Netteste in Hollywood
Tom Hanks als Otto gibt eine preisverdächtige Vorstellung ab, die mit seinem Image als nettem Kerl und American Dad spielt.
Regisseur Marc Foster kann über seinen Star nur eines sagen: «Es ist unglaublich: Alles, was man über ihn hört, ist wahr. Er ist nicht nur der netteste Mensch in Hollywood. Er hat kein Ego, er ist freundlich und hört zu.»
Seit dem 26. Januar im Kino.