«A Polar Year» zeigt das erste Jahr des dänischen Lehrers Anders Hvidegaard in Grönland. Um was zu erleben, geht Anders in das kleine Dorf Tiniteqilaaq. Dort unterrichtet er eine Schulklasse.
Tiniteqilaaq steht zwischen Moderne und Tradition. Bei den gut 100 Einwohnern der abgelegenen Siedlung ist der Däne nicht beliebt. Auch mit den Schülern hat es Anders alles andere als leicht.
Zwischen Dokumentar- und Spielfilm
Der Film ist eine Mischung aus dokumentarischen Aufnahmen und Inszenierungen des Regisseurs. Das Skript wurde aus realen Biografien verschiedener Personen zusammengesetzt. Es ist eine Geschichte, wie sie hätte passieren können.
Anders’ Erlebnisse im Film bestehen zum Beispiel aus den Geschichten mehrerer dänischer Lehrer, die in Grönland unterrichtet hatten.
So ganz entspricht das allerdings auch nicht der Realität: Der Regisseur schlug vor, dass der Grossvater des kleinen Jungen Asser im Film stirbt, damit dieser eine engere Beziehung zu seinem Lehrer Anders aufbaut. Assers echtem Grossvater war das ganz recht, da er sowieso nicht gerne vor der Kamera steht.
Grönland als Kolonie Dänemarks
Grönland war von 1921 bis 1979 eine Kolonie Dänemarks. Heute ist Grönland ein autonomer Bestandteil Dänemarks mit eigenem Parlament und eigener Regierung. Die Grönländer haben somit die gleichen Rechte und Pflichten wie die Bürger Dänemarks. Lediglich Aussen- und Verteidigungspolitik sind in dänischer Verantwortung.
Kalaallisut, die Sprache der Inuit, wurde erst 2009 zur Landessprache. Die dänische Königin Margrethe bleibt jedoch offiziell das Staatsoberhaupt Grönlands.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Grönland formell bereits entkolonialisiert und wirtschaftlich geöffnet. Diese Öffnung katapultierte die traditionelle Jägergesellschaft schlagartig ins Industriezeitalter. Einerseits schuf dies bessere Ausbildungsmöglichkeiten. Andererseits führte der Verlust der Traditionen auch zu einer nationalen Identitätskrise.
Grönlands Wut auf Dänemark
Im Film spürt man die starke Missgunst der Grönländer gegenüber den Dänen. Der Regisseur meinte, er sei schockiert gewesen, als er das erste Mal in Grönland war. Die Insel fühle sich immer noch wie eine dänische Kolonie an. Alle wichtigen Posten seien von Dänen besetzt. Die Inuit seien nur als Arbeitskräfte da.
Auch im Film schauen einige Dänen auf die Grönländer hinab. So meint zum Beispiel Anders' Jobvermittlerin zu Beginn des Films, Anders solle gar nicht erst versuchen, die Sprache der Inuit zu lernen.
Es gibt viele Vorurteile, sowohl von der dänischen als auch der grönländischen Seite. Anders bemerkt, wie die Kinder das Mittagessen in der Schule verschlingen. Er fragt nach, ob die Kinder zu Hause genug zu essen bekommen. Die grönländische Reaktion auf seine Besorgnis: «Das ist so eine dänische Frage.»
Regisseur Samuel Collardey
Erst arbeitete der Franzose Samuel Collardey fürs Fernsehen. Dann wurde er bei «La Fémis» angenommen. Das ist die grösste und bedeutendste Filmhochschule Frankreichs.
Während seiner Ausbildung war er als Kameramann für verschiedene Kurzfilme tätig. Collardey räumte 2005 mit seinem Abschlussfilm «Du soleil en hiver» Preise auf diversen Filmfestivals ab.
Für «A Polar Year» reiste er über ein Jahr lang immer wieder nach Tiniteqilaaq. Auf diesen Erlebnissen beruht der Film.
Kinostart: 13.12.2018