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Neu im Kino: «Back to Black» Sonniger Blick auf das Schicksal der Amy Winehouse

Ein neues Biopic will das Leben von Amy Winehouse ohne dessen Tragödie erzählen. Ein äusserst heikles Unterfangen.

Glaubt man den Boulevardzeitungen der frühen Nullerjahre, war Amy Winehouse vor allem eines: eine Süchtige, die in dreckigen Balletschühchen von einem Absturz zum nächsten stakste. Dazwischen gab sie Auftritte in kaum ansprechbarem Zustand, bei denen sie Texte vergass und Töne verfehlte.

Starke Stimme, unverblümte Worte

Natürlich war Amy Winehouse viel mehr als das. Sie war eine Sängerin mit kraftvoller Stimme und eine Songschreiberin mit dem Herz auf der Zunge.

Darauf will «Back to Black» fokussieren: Der Spielfilm schaut bei seiner Nacherzählung des Lebens von Amy Winehouse Leben auf die Sonnenseite statt auf die dunklen Stellen.

Frau mit Turmfrisur singt auf einer Bühne.
Legende: Schlüpft in die Ballerinas einer Legende: Marisa Abela als Amy Winehouse in «Back to Black» Ascot Elite Entertainment

Die Hauptrolle spielt die britische Schauspielerin Marisa Abela. Natürlich hat sie dafür Gesangsstunden genommen, das ist bei Musikerinnen-Biopics üblich. Wenn sie die bekannten Songs intoniert, klingt es beeindruckend. Abela spielt mit Schwung und Charme, ihre Amy ist selbstbewusst, eigensinnig und verbiegt sich auf dem Weg zum Erfolg um keinen Millimeter.

Der Traum vom Jazz führt zum Pop

Der Film beginnt mit Amy Winehouse als Teenagerin, die von ihrem Londoner Elternhaus eine Begeisterung für Jazz geerbt hat. Winehouse träumt davon, Musikerin zu werden, will dabei lieber auf die Bühnen verrauchter Jazz-Clubs als in bunte TV-Chartshows. Trotzdem kommt der Pop-Erfolg sofort: Das erste Album «Frank» ist in England ein Hit, mit dem zweiten «Back to Black» wird sie zum globalen Star.

Der Erfolg bringt die bekannten Schattenseiten mit sich: Winehouse, die schon mit Depression und Bulimie kämpft, hadert bald auch mit Alkohol und anderen Drogen. Auch die zwar innige, aber auch dramatische Liebe zu ihrem Freund und zwischenzeitlichen Ehemann Blake Fielder-Civil bringt keine Ruhe ins Leben.

Im Film manövriert Amy Winehouse selbstbewusst durch diese Schwierigkeiten. Sucht, Depression und Bulimie kommen zwar vor, spielen aber lediglich eine Nebenrolle. Auch in den schlimmsten Krisen sieht Amy Winehouse in diesem Film aus wie aus dem Ei gepellt.

Eine Tragödie wird verharmlost

Der Wunsch, die Geschichte von Amy Winehouse ohne sensationslüsternen Voyeurismus zu erzählen, ist verständlich. Nur lässt sich dieses Leben nicht ohne die Tragik erzählen – wer die Sucht ausblendet, beschönigt und verharmlost sie.

Mann und Frau küssen sich.
Legende: Eine Liebe zwischen Knast und Scheidung: Zu «ihrem Blake» hatte Amy Winehouse eine innige, aber schwierige Beziehung. Ascot Elite Entertainment

Es lässt sich zudem vermuten, dass der optimistische Erzählansatz auch gewählt wurde, um die Familie von Amy Winehouse zu besänftigen. Deren Eltern haben dem Film ihren Segen gegeben – dass sie darin auffallend gut wegkommen, dürfte sie zumindest nicht gestört haben.

Der Film weicht unangenehmen Fragen aus

Amys Vater Mitch Winehouse hatte vor einigen Jahren laute Kritik am Dokumentarfilm «Amy» geäussert, weil er darin zu negativ dargestellt werde. «Back to Black» ist ein Gegenentwurf zu diesem Dokumentarfilm. Unangenehme Fragen wie jene nach Schuld und Unschuld stellt er nicht. Stattdessen schaut er so weit wie nur möglich auf die Sonnenseiten eines turbulenten Künstlerlebens.

Das kann man natürlich machen. Besonders spannend oder erhellend ist es allerdings nicht. Stossend ist, dass der Film in der heiklen Suchtfrage die Perspektive von Amy Winehouse selbst einnimmt, die nicht nur in ihrem Song «Rehab» betonte, dass sie kein Suchtproblem habe. Es ist die Perspektive einer Frau, die im Alter von 27 Jahren an einer Alkoholvergiftung starb.

Kinostart: 11.4.2024

SRF 1, «G&G – Gesichter und Geschichten», 9.4.2024, 18:35 Uhr

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