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Neu im Kino Bei Wes Anderson machen sich Hunde und Menschen zum Affen

Der Animationsfilm «Isle of Dogs» ist ein Film für Hündeler und Menscheler. Ein echter Wes Anderson: charmant, clever und komisch.

Diesmal ist das Wunderland Japan. Jenes Japan, das aus allen Pop-Facetten besteht: Yakuza und Manga, Trommler und klassische Gemälde, Sagen und Gegenwart, aus Robotern, Wissenschaftlern, Hunden, Katzen. Und dem Jungen Atari.

Atari klaut ein experimentelles Flugzeug und setzt über auf die Abfall-Insel, um seinen Hund zu suchen. Sein Vierbeiner wurde mit allen anderen Hunden der Stadt Megasaki ins Hundeghetto abgeschoben.

Ein Katzenfan macht Hunde zu Sündenböcken

Eine filmdystopische Pseudodemokratie wurde schon lange nicht mehr dermassen hinreissend entwaffnet wie im jüngsten Streich von Wes Anderson.

Der Bösewicht: Der populistisch-faschistoide Yakuza-Bürgermeister von Megasaki – ein Aufsteiger aus der Katzenpartei. Gerade deshalb macht er die Hunde zu Sündenböcken und verbannt sie mit Hilfe seiner Sturmtruppen aus der Stadt. Krank seien sie alle, die Hunde – eine Gefahr für die Bürger, verkündet Mayor Kobayashi.

Filmausschnitt von einem Bösewichten und seinem Komplizen
Legende: Bürgermeister Kobayashi regiert mit eiserner Faust. Twentieth Century Fox Film Corporation

Wes Andersons Witz ist dabei wieder einmal dermassen vielschichtig angelegt, dass man anfangs einen Overkill befürchtet. Fast wie bei einem Noise-cancelling-Kopfhörer, der tiefe Töne mit tiefen Tönen löscht.

Hunde mit Charakter

Da sind zunächst einmal die Hunde: Krank und struppig kämpfen sie auf ihrer Abfallinsel ums Überleben. Das ist dramatisch, aber eben auch urkomisch. Denn jeder der Hunde bekommt sehr schnell eine Persönlichkeit.

Alle ausser dem Streuner Chief trauern ihrer Zeit bei den Menschen nach. Darum sind sie alle sofort bereit, dem zwölfjährigen Atari zu helfen, als der mit seinem Flugzeug auf die Insel stürzt. Alle ausser Chief – der aber dauernd überstimmt wird.

Loyalität gegen Unterdrücker

Die Loyalität der Hunde gegenüber den Menschen, die sie ins Ghetto verbannt haben, erinnert an US-amerikanische Uncle-Tom-Diskussionen. Im schlimmsten Fall werden die Unterdrückten selber zu Unterdrückern.

Ein Junge umarmt ein Hund
Legende: Atari überzeugt die Hunde auf der Müllinsel schnell davon, ihm zu helfen. Twentieth Century Fox Film Corporation

Wes Andersons Gespür für Situationskomik schafft es immer wieder, diese eigentlich plakativen Mechanismen ad absurdum zu führen. Dabei helfen die cleveren Konventionen dieses Films.

So wird am Anfang erklärt, dass alle Figuren ihren angestammten Dialekt und ihre Sprache sprechen würden. Hin und wieder werde es Übersetzungen geben, maschinelle oder von Studenten billig gemachte.

Das Bellen der Hunde dagegen sei konsequent in Englisch gedreht worden. So verstehen wir Duke und die anderen Hunde. Ihre Stimmen werden gesprochen von Bryan Cranston, Edward Norton, Scarlett Johansson, Jeff Goldblum oder Harvey Keitel.

Damit sind wir schon rein sprachlich auf den Hund gekommen. Wenn die komplizierte Geschichte eine ebenso komplizierte Vorgeschichte benötigt, wird der Hinweis auf eine Rückblende eingeblendet – inklusive dem hilfreichen «End of the Flashback».

Im japanischen Stil

Der Puppenanimationsfilm besticht durch japanisch-exotische Stilmittel. Andersons Welt wird angetrieben durch den kulturellen Mix und die Faszination für das Andere.

Filmausschnitt von einem Mann in der Badewanne
Legende: «Isle of Dogs»: Japanisch in allen Facetten Twentieth Century Fox Film Corporation

Höhepunkt der Animation

War Andersons erster Animationsfilm «The Fantastic Mr. Fox» von 2009 noch ein Testlauf in Sachen Animation, ist «Isle of Dogs» nun ein Kulminationspunkt. Die Hunde sind hinreissend, aber sie sind und bleiben Hunde.

Im Gegensatz zu Disneys anthropomorphen Fabelwesen behalten sie das «Hündische» auch im Heroischen. Das ist der Kern aller Wes-Anderson-Filme: Ob sich nun die Menschen oder die Hunde zum Affen machen, die Würde wird nie angetastet. Die Komik, Selbstironie und die lakonischen Dialoge sind das Fundament.

Da verzeiht man dem Film «Isle of Dogs» seinen harmonisch-utopischen Schluss, denn auch der unterliegt dem ironisch-herzlichen, humanisch-hündischen Tenor.

Kinostart: 10. Mai 2018

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