Zakhar Brons Urteilsvermögen darf man trauen – jedenfalls wenn es darum geht, die Fähigkeiten eines Geigers einzustufen. Der im heutigen Kasachstan geborene Violinpädagoge unterrichtete in den vergangenen vier Jahrzehnten unzählige aussergewöhnlich talentierte Violinisten – ein gutes Dutzend von ihnen zählt mittlerweile zur Weltklasse.
Einer davon ist Daniel Hope, Namenspate und Protagonist der Dokumentation «Daniel Hope – Der Klang des Lebens». Über diesen sagt Bron zu Beginn des Films, dass er, sobald er einen Ton auf einer Geige erklingen höre, sagen könne, ob dieser von Hope stamme oder nicht. Das sei auch auf diesem hohen Niveau keine Selbstverständlichkeit.
Turbulente Familiengeschichte
Dass Hope dieses Niveau überhaupt erreicht hat, hängt wohl auch unmittelbar mit dessen turbulenter Familiengeschichte zusammen. Seine jüdisch-stämmigen Grosseltern flüchteten in den 30er Jahren vor dem Naziregime von Berlin aus nach Südafrika.
Dort kam Daniel Hope 1973 zur Welt. Nur wenige Jahre später emigrierte er mit seinen Eltern, beides Apartheid-Gegner, nach London. In der englischen Hauptstadt lebte damals auch der Jahrhundertgeiger Yehudi Menuhin, der gerade eine neue Assistentin suchte – und in der Mutter des kleinen Daniel fand.
Ihr Sohn wiederum hatte einen Mentor gefunden, ohne dass dies irgendeiner der Beteiligten damals hätte wissen können.
Keine platte Symbolik
Regisseur Nahuel Lopez unterhält sich mit Daniel Hope auch über andere Künstler, deren Familiengeschichte ebenfalls von der Flucht und dem Leben im Exil geprägt waren.
Denn der Musikdirektor des Zürcher Kammerorchesters engagiert sich regelmässig mit Konzerten dafür, dass die Werke verschiedener Künstler, die vor dem Nazi-Terror geflohen waren und ihre Werke in den USA geschaffen hatten, nicht in Vergessenheit geraten.
Um dieses Engagement zu verdeutlichen, inszeniert Lopez Hope Geige spielend in Thomas Manns altem Domizil in Kalifornien – in den 30er und 40er Jahren ein Treffpunkt für viele zwangsausgewanderte Kreative. Das klingt nach platter Symbolik, ist es aber nicht.
So porträtiert der Filmemacher Daniel Hope in «Der Klang des Lebens» einerseits als virtuosen Ausnahmemusiker auf dem Höhepunkt seines Schaffens, andererseits aber auch als unaufgeregten und gleichwohl nachdenklichen Typen auf persönlicher Spurensuche.