Virginia, 1864. Der Film beginnt mit einer Szene, die an «Rotkäppchen» erinnert. Ein Mädchen (Oona Laurence) spaziert mit einem Korb am Arm durch den Wald. Es sucht Pilze und findet einen verwundeten Soldaten.
Er stellt sich als Corporal John McBurney (Colin Farrell) vor. Die junge Amy bringt ihn zum abgelegenen Mädchenpensionat, in dem sie lebt. Dort beschliessen die Leiterin Martha (Nicole Kidman) und ihre Assistentin Edwina (Kirsten Dunst): Vor der Auslieferung an die eigenen Truppen soll der feindliche Soldaten zuerst gesund gepflegt werden. Bald darauf spielen die Hormone aller Beteiligten verrückt.
Das unheimlichste Zitat
«Edwina, bring mir das Anatomiebuch!», befiehlt die Schulleiterin ihrer Assistentin. Selbst wer die Handlung nicht kennt, ahnt, dass es danach blutig wird. Auch wenn es anders kommt, als es der Trailer vermuten lässt.
Die Regisseurin
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Sofia Coppola liebt es, in ihren Filmen kleine Frauengruppen zu beobachten. In «The Virgin Suicides» (1999) ging es um religiöse Schwestern, in «The Bling Ring» (2013) um Teenager-Girls, die in Villen von Promis einbrechen.
In «The Beguiled», der auf Deutsch «Die Verführten» heisst, stehen nun fünf Schülerinnen und ihre zwei Lehrerinnen im Mittelpunkt. Ein Mann dringt in ihre kleine Welt ein wie der Wolf ins Haus der sieben Geisslein.
Fakten, die man wissen sollte
Thomas P. Cullinans Roman «The Beguiled» wurde schon einmal verfilmt: 1971 von Don Siegel . Damals spielte Clint Eastwood den Soldaten, und alles wurde aus seiner Perspektive gezeigt.
Sofia Coppola zeigt die Geschichte nun aus Sicht der Frauen. Zudem hat sie sich weitgehend auf einen einzigen Schauplatz konzentriert: das Mädchenpensionat, dessen Räume in ständigem Dämmerlicht zu verharren scheinen. So schafft Coppola eine unwirkliche, fast märchenhafte Atmosphäre, die jedoch jederzeit in Horror umschlagen kann – ähnlich wie in einem Grimm-Märchen.
Das Urteil
Vordergründig passiert praktisch nichts, weil fast nur geredet wird. Trotzdem ist der wunderschön fotografierte Film von der ersten Minute an spannend. Die Kamera beobachtet den Mann, die zwei Frauen und fünf Mädchen mit der Aufmerksamkeit eines Verhaltensforschers, dem keine Regung entgeht. Im Grunde versucht die Kamera das zu offenbaren, was alle Filmfiguren zu verbergen versuchen. Eine Meisterleistung!
Kinostart: 29. Juni 2017