«Die andere Seite der Hoffnung», so heisst Kaurismäkis letzter Film. Wie passend: Hoffnung. Hoffnungsvoll enden seine Filme meistens. «Es ist natürlich völlig unglaubwürdig. Ich kann die Realität schon sehen, und die schaut miserabel aus», sagte er in einem Interview mit RSI.
Neuer letzter Film
Von der skurrilen Beziehung eines syrischen Flüchtlings und eines finnischen Restaurantbesitzers handelt Aki Kaurismäkis neuster Film. Der Wirt findet den gestrandeten Asylsuchenden zwischen seinen Abfallcontainern und will ihn auf der Stelle loswerden:
«Wer bist du denn? – Ich wohne hier, das ist mein Schlafzimmer. – Irrtum, das ist mein Müllplatz. – Wer sagt das? – Ich sage das. – Wollen Sie Prügel? – Aber ich bin grösser. – Na und?» Der Syrer knallt ihm die Faust ins Gesicht. Der Finne bringt ihm mit einem Schlag zu Boden.
In «Die andere Seite der Hoffnung» kritisiert Kaurismäki die Migrationspolitik seines Heimatlandes. Er wirft der finnischen Regierung vor, sich flüchtlingsfeindlich zu verhalten.
«Ich habe den Film in Finnland gemacht, weil es mein Land ist. Aber gemeint ist ganz Europa. Wenn wir nicht zu unserer Menschlichkeit zurückfinden, falls wir eine solche jemals hatten, dann haben wir keine Zukunft mehr», sagt Kaurismäki im Interview.
Internationale Filmfestspiele Berlin
Mit «Die andere Seite der Hoffnung» gewann Kaurismäki Ende Februar den Silbernen Bären für die beste Regiearbeit. Gleichzeitig verkündete er, keine Filme mehr zu drehen. Der 59-Jährige wirkte nicht mehr fit. Seinen Preis erhielt er im Publikum.
Den Gang auf die Bühne traute sich Kaurismäki wohl nicht mehr zu. Bereits auf dem roten Teppich konnte er sich kaum noch auf den Beinen halten. Viele glauben, dass er wegen seiner Leidenschaft für Alkohol und Zigaretten gesundheitliche Problem hat.
Lakonisch, Langsam, Looser
Bekannt wurde Kaurismäki bei uns 1989 durch den Roadmovie «Leningrad Cowboys Go America». Mit «Der Mann ohne Vergangenheit» räumte er 2002 in Cannes vier Preise ab. Und das Drama brachte ihm eine Oscar-Nomination als bester fremdsprachiger Film ein. Doch Kaurismäki weigerte sich in die USA zu reisen. Grund: Er wollte nicht in den USA feiern, weil er gegen den Irakkrieg war.
Seine Filme bestechen durch Langsamkeit und lakonischen Humor. Seine Protagonisten sind Aussenseiter und chronische Verlierer. Gesprochen wird in Kaurismäkis-Filmen wenig. Lustiges Detail: In jedem der Filme spielt sein jeweilger Hund mit. Bis jetzt waren das sieben Hunde in 35 Jahren.
Hoffnungsvoller Pessimist
Aki Kaurismäkis Filme spiegeln eine trostlose Realität wider. Aber am Ende gibt es – wie gesagt – immer eine positive Wendung. Hoffen wir, dass dies auch für ihn gilt. Kürzlich sagt er in einem Zeitungs-Interview der Frankfurter Neuen Presse: «Geben Sie mir noch fünf Jahre. Wenn ich dann noch lebe, mache ich noch einen Film.» Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Kinostart: 30.03.2017