Wer Steven Spielbergs «Die Farbe Lila» 1985 sah, vergass das Drama nicht so schnell wieder. Die Verfilmung des berühmten Romans von Alice Walker, für den sie den Pulitzerpreis erhielt, erschüttert und berührt bis heute.
Die Geschichte handelt von den zwei Schwestern Celie und Nettie, die anfangs des 20. Jahrhunderts unter prekären Umständen in den Südstaaten der USA aufwachsen. Sie werden gedemütigt, misshandelt und geschlagen.
Celie wird von ihrem Stiefvater vergewaltigt, ihre beiden Babys werden ihr weggenommen. Sie muss einen gewalttätigen Farmer heiraten, der sie als Magd brutal ausnutzt. Doch ihre Würde verliert sie nie, und sie befreit sich schliesslich aus eigener Kraft.
Ohne Oscar, aber mit zwei Weltstars
Die Themen des Dramas seien immer noch brisant und dringlich, sagt der SRF-Filmexperte Luca Bruno: «Die wiederkehrende Natur von Rassismus und Sexismus ist heute genauso Thema wie die Tatsache, dass starke Frauengeschichten ihre Kraft nie verlieren werden.»
Der Filmklassiker hält einen Rekord: Er holte sich elf Oscar-Nominationen und gewann keinen einzigen. Ein möglicher Grund: Steven Spielberg stand damals in der Kritik, weil er es sich anmasste, als Weisser ein so gewichtiges Werk afroamerikanischer Literatur zu verfilmen.
Oprah Winfrey bleibt dem Stoff treu
Bei der neuen Version führt nun der ghanaische Rapper und Filmemacher Blitz Bazawule Regie. «Auch darum macht eine Neuauflage durchaus Sinn», ist Luca Bruno überzeugt. Der Kassenhit von 1985 wartete allerdings mit zwei Trümpfen auf, die kaum zu toppen sind: Mit Whoopi Goldberg und Oprah Winfrey spielten gleich zwei spätere Weltstars ihre ersten grossen Kinorollen.
Star-Moderatorin Oprah Winfrey blieb dem Stoff treu. 2005 koproduzierte sie die Selbstermächtigungsgeschichte als höchst erfolgreiches Broadway-Musical. Basierend darauf produzierte sie nun auch die Neuverfilmung mit Musik und Tanz – gemeinsam mit Steven Spielberg und Musiklegende Quincy Jones.
Es ist ein Zeichen von Hoffnung, sich gegen Unterdrückung und sexuelle Gewalt aufzulehnen, so Winfrey: «Dieser Film handelt vom Untensein und vom Weg zurück nach oben.»
Gesang ohne Mehrwert
Mit üppigen Musical-Einspielungen und einem mitreissenden Ensemble peppt die Neuversion das Drama auf. Die Nummern seien toll inszeniert, stark gesungen und unterhaltsam, so Luca Bruno.
Dennoch wirkten sie wie Fremdkörper und böten keinen Mehrwert: «Filmmusicals sind längst nicht mehr das grosse Zugpferd wie noch vor 20, 30 oder 40 Jahren. Darum hätte ‹Die Farbe Lila› schon ein Meisterwerk sein müssen, um bei den nächsten Oscars richtig abzusahnen – doch das ist es definitiv nicht.»
So hat der Film nur eine einzige Oscar-Nominierung erhalten: Schauspielerin und Sängerin Danielle Brooks («Orange Is the New Black») ist für die gleiche Nebenrolle der aufmüpfigen und selbstbewussten Sofia nominiert wie damals Oprah Winfrey. Ob «Die Farbe Lila» immerhin diesen einen Oscar gewinnt, wird sich am 10. März zeigen.
Kinostart: 8.2.2024