Zum Inhalt springen

Header

Video
Kinostart: «Love, Simon»
Aus Keine 3 Minuten – Die Filmkritik für Eilige vom 29.06.2018.
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 9 Sekunden.
Inhalt

Neu im Kino Dieser schwule Teenager geht in die Filmgeschichte ein

«Love, Simon» ist Hollywoods erste Romantik-Komödie mit einem homosexuellen Hauptdarsteller. Es wurde auch langsam Zeit.

Simon ist, nach eigener Beschreibung, ein ganz normaler amerikanischer Teenager. Allerdings einer, von dem noch niemand weiss, dass er schwul ist. Nicht einmal seine drei besten Freunde.

Als sich in den sozialen Netzwerken der Schule ein Mitschüler mit dem Pseudonym «Blue» als schwul outet, fängt Simon an, ihm zu schreiben. «Hey Blue, ich bin genau wie du ...»

Als Simon in der Schule vergisst, seine Mails zu schliessen, sieht sie ein Mitschüler. Der droht daraufhin, Simons Geheimnis zu enthüllen. Simon will dies auf jeden Fall verhindern und zerstört dabei fast seine wichtigsten Freundschaften.

Schlussendlich muss Simon entscheiden, was ihm wichtiger ist: Seine Identität um jeden Preis geheimzuhalten oder sich der Wahrheit zu stellen und der Welt zu zeigen, wer er wirklich ist.

Das witzigste Zitat

Zwei Freunde diskutieren miteinander.
Legende: Mit der besten Freundin über sein Liebesleben zu sprechen, fällt Simon besonders schwer. 20th Century Fox

Unsere Welt ist unfair. Warum müssen sich eigentlich nur Homosexuelle outen? Simon wagt ein interessantes Gedankenexperiment. Wie würde die Welt aussehen, wenn auch Heteros Coming-outs leisten müssten? Der Film klärt diese Frage mit einer witzigen Montage, in der sich lauter heterosexuelle Teenager ihren Eltern stellen.

Auf das Bekenntnis «Mom, Dad! Ich bin hetero!» antworten die Eltern mit Floskeln wie: «Ach du meine Güte!», «Gott hilf mir! Jesus!» oder «Es ist als ob wir eine andere Person erzogen hätten!» Andere fallen wortlos vom Sofa. Köstlich!

Der Regisseur

Zwei Männer blicken lachend in die Kamera.
Legende: Regisseur Greg Berlanti (rechts) und Robbie Rogers sind Eltern eines zweijährigen Jungen. Getty Images

Filmemacher Greg Berlanti ist primär als Produzent von Superhelden-Serien bekannt: «Supergirl» (seit 2015), «The Flash» (seit 2014) und «Arrow» (seit 2012).

Sein Langfilmdebüt hatte der 46-jährige US-Amerikaner im Jahr 2000 mit der Tragikomödie «Der Club der gebrochenen Herzen». Darin geht es um eine Gruppe schwuler Freunde. Berlanti selbst steht offen zu seiner Homosexualität: Er ist mit Robbie Rogers verheiratet, dem einzigen ehemaligen Spieler der amerikanischen Fussball-Profiliga, der sich je geoutet hat.

Berlantis «Love, Simon» ist die Kino-Adaption des Romans «Simon vs. The Homo Sapiens Agenda». Der Buchtitel ist eine Anspielung auf Simons Kampf als Schwuler gegen das «normale» menschliche Paarungs- und Fortpflanzungsverhalten. Die Änderung des Filmtitels zu «Love, Simon» erfolgte erst wenige Monate vor dem US-Kinostart.

Fakten, die man wissen sollte

Ein Teenager steigt aus dem Auto und geht zur Schule.
Legende: Simon muss sich nach dem unfreiwilligen Coming-Out seinen Mitschülern stellen. 20th Century Fox

«Love, Simon» ist tatsächlich die erste romantische Komödie Hollywoods mit einem schwulen Protagonisten. Der Blick auf fortschrittliche Independent-Produktionen wie das Oscar-prämierte Drama «Call Me by Your Name» macht klar: Hollywood hinkt dem Zeitgeist arg hinterher.

Die LGBT-Gemeinschaft hat sich sofort in «Love, Simon» verliebt. Etablierte Hollywood-Schauspieler wie Neil Patrick Harris, Matt Bomer und Kristen Bell sollen die Kinos leergekauft haben, um dem Film einen guten Start zu ermöglichen.

Als direkte Folge der romantischen Komödie sollen sich zudem viele Menschen geoutet haben. Unter anderem Teenie-Schwarm Keiynan Lonsdale, sowie der Bruder von Hauptdarsteller Nick Robinson.

Das Urteil

Eine Familie sitzt lachend vor dem Fernseher und schaut fern.
Legende: Nicht alle haben das Glück, wie Simon in einer toleranten Familie aufzuwachsen. 20th Century Fox

Ist es normal, hetero zu sein? Was ist eigentlich normal? Solche Grundfragen hat «Love, Simon» längst überwunden. Dem Film geht es um Grösseres. Zum Beispiel die Akzeptanz des eigenen Ichs. Und die ist für Teenager noch immer verdammt hart, selbst für diejenigen, die in einem liberalen Umfeld aufwachsen.

Hinter der heilen High-School-Welt lauert das Grauen des vermeintlich Normalen, das amerikanischer kaum sein könnte. So wächst Schritt für Schritt das Unbehagen – gerade vor denen, die es gut mit Simon meinen. Wie zum Beispiel vor dem engagierten Rektor, der dem Helden im Übereifer immer wieder zu nahe tritt.

Solche Raffinessen in der Tonalität heben «Love, Simon» aus dem Meer der romantischen Teenager-Komödien heraus. Beim Massenpublikum punkten wird die charmanteste Studio-Produktion seit langem aber vor allem aus einem anderen Grund: Weil sie als berührendes Feelgood-Movie für sämtliche Altersgruppen funktioniert.

Kinostart: 28.6.2018

Meistgelesene Artikel