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Neu im Kino «Druk»: Das flüchtige Glück der Pegeltrinker

Die vier Freunde in «Druk» glauben, dass man mit 0,5 Promille im Blut besser lebt. Oscarprämiertes Sauf-Experiment aus Dänemark.

Der Schauspieler Mads Mikkelsen schlüpfte schon in viele Rollen: Als Bond-Bösewicht Le Chiffre weinte er in «Casino Royale» (2006) blutige Tränen. Oder er sabotierte im Star Wars-Ableger «Rogue One» den Todesstern.

Bevor er als Schauspieler abhob, war Mikkelsen professioneller Tänzer. Am Ende von «Druk» («Der Rausch») stellt er das eindrücklich unter Beweis: Als Gymnasiallehrer Martin feiert er mit seinen Maturandinnen und Maturanden am Hafen stockbesoffen deren erfolgreichen Schulabschluss, mit grossartigen, bierseligen, bühnenreifen Ballett-Sprüngen.

Ein zufriedenes Leben mit 0,5 Promille?

Davor liegt ein nicht ganz ungefährliches Experiment unter Freunden. Martin feiert mit seinen drei Gymnasiallehrer-Kollegen und besten Freunden den Geburtstag des jüngsten von ihnen mit einem guten Essen im Restaurant. Ausnahmsweise trinkt sogar Martin ein Glas Wein. Und dann noch eines, die Runde wird fröhlich.

Drei Männer jubeln
Legende: Konstant 0,5 Promille Alkohol im Blut – damit wollen Martin und seine Freunde ihr Alkoholdefizit ausgleichen. Pathé Films / Henrik-Ohsten

Dabei fühlen sich alle vier nach Jahren im Beruf eher ausgebrannt und abgelöscht, bis Nikolai von der Theorie des norwegischen Psychiater Finn Skårderud erzählt: Der menschliche Organismus habe ein natürliches Alkoholdefizit, lautet die steile These. Ideal für ein zufriedenes Leben wäre ein konstanter Pegel von 0,5 Promille.

Halb im Ernst, halb spielerisch beschliessen die Freunde, genau das als Experiment aufzuziehen. Sie gehen angeheitert zur Arbeit, protokollieren ihren Pegelstand – und merken, dass sie tatsächlich nicht nur lockerer und fröhlicher sind, sondern auch bei den Schülern deutlich besser ankommen. Schliesslich steigern sie den Konsum auch in der Freizeit gezielt.

Ein Experiment in männlicher Lebenskrisenbewältigung

Den norwegischen Psychiater Skårderud gibt es tatsächlich. Die Idee vom minimalen Alkoholpegel hat er offenbar auch formuliert, allerdings nur in einem Nebensatz, nie als wissenschaftliche These. Regisseur Thomas Vinterberg aber nutzt nun genau diesen Einfall für ein grossartiges, tragikomisches und mit fröhlicher Ernsthaftigkeit gespieltes Experiment in männlicher Lebenskrisenbewältigung.

Denn die Probleme der Männer löst der Alkohol ja nicht. Bloss einen Teil ihrer Blockiertheit. Und das schafft wieder neue Probleme.

Leichtigkeit geht auch ohne Alkohol

Aber genau weil wir schon so viele Geschichten von Saufen gegen Frust erlebt, gehört oder im Kino gesehen haben, fällt es leicht, den vier sympathischen, abgelöschten und dann doch wieder liebenswerten Freunden auf ihr absurdes Himmelfahrtskommando zu folgen. Bis zum Absturz und darüber hinaus. Denn die neu gefundene Leichtigkeit des Seins hat natürlich ihren Preis.

Film als Autotherapie

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Im Mai 2019, kurz nach Beginn der Dreharbeiten für «Druk», starb Thomas Vinterbergs 19-jährige Tochter Ida bei einem Verkehrsunfall, den ein mobiltelefonierender Fahrer auf der Autobahn verursacht hatte. Nach dem ersten Schock entschied sich der Regisseur, die Dreharbeiten nach der Beerdigung wieder aufzunehmen - als Autotherapie. Wahrscheinlich verdankt der Film einen Teil seiner überraschenden Tiefe auch diesem Umstand. Am Beginn des Abspanns steht denn auch die Widmung «für Ida».

Regisseur Vinterberg trifft einmal mehr genau die richtige Mischung von Drama und Komik, Liebenswürdigkeit und Verzweiflung. Anders als so viele Sucht-Dramen der Kinogeschichte hinterlässt «Druk» einem weder deprimiert noch gewarnt, sondern überraschend lebenslustig.

Eine Leichtigkeit des Seins kann man offensichtlich auch ohne Alkohol erreichen - indem man zuschaut, mitleidet und mitlacht im Kino.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 5.5.2021, 7:06 Uhr.

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