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Neu im Kino «I Am Greta» zeigt die Klimakämpferin als sympathischen Nerd

So nah ist Greta Thunberg noch keiner gekommen. Eine neue Doku erzählt ihren steilen Aufstieg mit erstaunlichen Bildern.

Vor einem Monat in Venedig: Greta Thunberg, der Kopf der Klimajugend, hat sich gerade per Zoom in die Pressekonferenz eingeklinkt. Viel Zeit hat die Gymnasiastin nicht. Schliesslich beginnt gleich die nächste Schulstunde.

Doch etwas möchte sie unbedingt loswerden: Wie zufrieden sie mit der Art und Weise sei, in der sie Regisseur Nathan Grossman porträtiert habe. «Du hast es wirklich geschafft, mich so zu zeigen, wie ich bin.»

Aufnahme von Greta Thunberg mit Schal und Mütze.
Legende: Greta weiss, was sie will: Klima-Gerechtigkeit. Und zwar subito! La Biennale di Venezia / Anders Hellberg

Die Medien würden sie oft bloss als zorniges, naives Kind darstellen, das mit Vorliebe die Führer der Welt anschreie. Diese Charakterisierung sei falsch, weil sie im Grunde eine scheue Person sei. «Ein Nerd», wie sie nicht ohne Stolz hinzufügt.

Unglaubliche Entstehungsgeschichte

Wer sich «I Am Greta» anschaut, kriegt tatsächlich ein gutes Gefühl dafür, wie die inzwischen 17-Jährige tickt. Was an dieser Doku aber am meisten verblüfft, ist die Nahtlosigkeit, mit der sie Gretas Aufstieg schildert.

Regisseur Nathan Grossman hat seine Protagonistin nämlich schon gefilmt, als sie ein noch völlig unbeschriebenes Blatt war. Von ihrem einsamen ersten Protest vor dem schwedischen Regierungsgebäude erfuhr er zufällig, weil ein Freund Gretas Familie gut kannte.

Porträtbild von Regisseur Nathan Grossman mit Velohelm.
Legende: Kluger Kopf mit wilder Frisur: Regisseur Nathan Grossman (29). La Biennale di Venezia

«Also ging ich dorthin und fragte sie, ob ich sie verkabeln könne», erzählt uns Grossman im Interview. Er wolle einfach ein paar Testaufnahmen machen. Vielleicht für einen Kurzfilm, doch so genau wisse er das nicht.

Von Beginn weg hielt der junge Dokfilmer den Ball flach: «Mach dir keine Hoffnungen, wahrscheinlich wird nichts daraus.»

Fast schon ein Roadmovie

Es kam bekanntlich anders: Nachdem Grossman Gretas Potential erkannte hatte, wich er ein Jahr lang nicht mehr von ihrer Seite. Und wurde so Zeuge einer fantastisch anmutenden Reise.

Die Verdichtung der 100 Stunden, die er dabei aus nächster Nähe aufnahm, ist atemberaubend. Sogar auf dem Segelboot, mit dem Greta vor einem Jahr den Atlantik überquerte, um CO2-Emissionen zu verhindern, war der Dokumentarfilmer mit dabei.

Greta Thunberg auf dem Segelboot, mit dem sie den Atlantik überquerte.
Legende: Unerschrocken: Greta auf dem Segelboot, mit dem sie den Atlantik überquerte. La Biennale di Venezia / BR.F

Auf welches Abenteuer er sich dabei eingelassen hatte, merkte Grossman erst kurz, bevor es losging: «Erst wenn man an Bord geht, merkt man, wie eng und karg auf so einem Boot alles ist. Da wusste ich: Uff, das wird ein wilder Ritt!»

Ausgebremst, nicht aufgehalten

Durchzuhalten hat sich gelohnt: Nicht nur, weil der erst 29-jährige Regisseur seine Doku in Venedig präsentieren durfte. Sondern vor allem, weil die Anliegen der Klimajugend immer noch von grösster Dringlichkeit sind.

Greta bei einem Protest der Klimajugend.
Legende: Mittendrin statt nur dabei: Klein-Greta bei einer Kundgebung mit Gleichgesinnten. La Biennale di Venezia / BR.F

Gretas Freitagsproteste gehen weiter, auch wenn diese von der Pandemie etwas ausgebremst wurden. Damit aufhören wolle die Schwedin erst, wenn die Politik der Klimaerwärmung wie eine echte Krise behandle.

«Sonst erzielen wir keinen echten Wandel. Das ist es, was wir jetzt tun müssen», sagt die beherzte Umweltaktivistin abschliessend an der Pressekonferenz. Bevor sie sich mit folgenden trockenen Worten entschuldigt: «Danke an alle, ich muss jetzt wieder zurück in meine Klasse.»

Kinostart: 16.10.2020

Radio SRF 2 Kultur, Kultur Aktualistät, 13.10.20, 07:06 Uhr

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