Tish und Fonny. Die jungen Afroamerikaner lieben sich. In einem weissen Viertel in New York City haben sie sich eine Wohnung ergattert. Kein leichtes Unterfangen als Schwarze in den 1970ern.
Fonny landet durch weisse Willkür unschuldig im Gefängnis. Während er hinter Gittern sitzt und auf den Prozess wartet, erfährt seine grosse Liebe Tish, dass sie schwanger ist. Zusammen mit ihrer Familie versucht sie alles, um Fonny vor der Geburt ihres Kindes aus dem Gefängnis zu holen.
Selbstbewusstes schwarzes Kino
Ein gewöhnlicher Liebesfilm? Auf keinen Fall. Tatsächlich erzählt «If Beale Street Could Talk» von afroamerikanischen Lebenswelten, von Unterdrückung und Rassismus. Das Drama steht für das selbstbewusste schwarze Kino von heute.
«Fences», «Fruitvale Station», «I Am Not Your Negro», «The Birth of a Nation», «Get Out», «Moonlight» und «Black Panther». In den letzten Jahren gab es viele Filme zur afro-amerikanischen Kultur und Geschichte. Starke Filme voller Wut. Als würde der Kampf von Protestbewegungen wie «Black Lives Matter» auf der Leinwand fortgesetzt.
Bis heute kämpfen afro-amerikanische Filmemacher in Hollywood um Anerkennung. Siehe Hashtag «OscarsSoWhite»: Noch 2016 mussten sie darauf hinweisen, dass afro-amerikanische Produktionen kaum berücksichtigt werden.
Schwarze Schauspieler, weisse Produzenten
Und vor 100 Jahren? Da herrschte in den USA strikte Rassentrennung. Auch im Kino. Schwarze mussten auf den schlechtesten Plätzen ganz zuvorderst sitzen. Oder es gab eigene Lichtspielhäuser für sie.
Für diese Kinos entstanden eigene Filme. Meistens steckten weisse Produzenten dahinter. Sie erzählten nichts von Rassismus und Ungleichheit. Die Filme waren gleich gebaut wie die üblichen Hollywood-Produktionen und erzählten dieselben Geschichten. Einziger Unterschied: Statt weisse gab es afro-amerikanische Darsteller.
Auf diese Weise entstanden Western, in denen Schwarze den Colt schwangen. In den normalen Cowboy-Dramen Hollywoods war die Eroberung des Wilden Westens eine rein weisse Angelegenheit.
Nur in Ausnahmefällen waren die Macher in den 1920ern, 30ern und 40ern Afro-Amerikaner. So wie Oscar Micheaux (1884-1951), der Filme über das Leben der Schwarzen im frühen 20. Jahrhundert drehte. Die meisten dieser Filme existieren heute leider nicht mehr.
Billigproduktionen für Afro-Amerikaner
Die 1970er: Bekannt als die Zeit der Bürgerrechtsbewegung, der Rezession, sowie der Rassenunruhen in den USA. Und als Geburtsstunde der Blaxploitation-Filme: Low-Budget-Produktionen mit afro-amerikanischer Besetzung. Die Filme strotzen vor schwarzem Selbstbewusstsein.
Die Helden, egal ob Detektiv oder Zuhälter, waren meist Machos, die Frauen reihenweise ins Bett zogen und die waffenschwingend ihre Probleme lösten. Geballert und geküsst wurde zu mitreissenden Soundtracks von Ikonen wie James Brown oder Issac Hayes. Der Bösewicht war meistens weiss. In den Dialogen wurde er oft nur als «the man» bezeichnet.
Auch wenn einige Afro-Amerikaner und Bürgerrechtler in den 1970ern die Filme nicht mochten – wegen der Gewalt, wegen der rüden Sprache, wegen der Verherrlichung von Kriminellen – sie stellten eine Zeitenwende dar.
Bis dahin hatten Schwarze meist dümmliche Spassvögel oder unterwürfige Haushälterinnen des weissen Establishments gespielt.
Oscars 2019
Heute ist das schwarze Kino in Hollywood zum Glück besser vertreten. «If Beale Street Could Talk» geht mit drei Nominationen ins Oscar-Rennen. Um das Goldmännchen für den besten Film buhlen «BlacKkKlansman» und «Black Panther». Beides Filme von afro-amerikanischen Regisseuren, mit einem überwiegend afro-amerikanischen Cast.
Kinostart: 14.2.2109