«Morbius» hat eigentlich alles, was es für eine gute Comic-Adaption braucht: Gut gegen Böse, ein Aussenseiter, der dazugehören will und blutrünstige Vampirwesen. Der Sony-Film weckt Erwartungen – aber erfüllt sie nicht. Das macht selbst Jared Leto nicht wett.
Jared Leto mit Klauenfingern
Der Schauspieler zeigt sich in der Hauptrolle endlich einmal wieder so, wie man ihn auch als Frontmann seiner Rockband «30 Seconds to Mars» oder von Auftritten auf dem roten Teppich kennt. Die wenigen Veränderungen zum Vampirwesen sind nur digital, sodass er trotz Fratze und Klauenfingern noch erkennbar bleibt.
Eigentlich untypisch für einen wie Jared Leto: Der Oscargewinner ist für sein radikales Schauspiel bekannt, gilt als extrem wandelbar und als einer, der körperliche Veränderungen wie etwa extreme Gewichtszu- oder abnahmen nicht scheut, um in seinen Rollen aufzugehen.
Ein Arzt wird zum Vampirwesen
Die grosse Veränderung der Figur ist bei Morbius mehr innerlicher Natur. Jared Leto spielt Michael Morbius, einen zerbrechlichen, doch brillanten Arzt, der ein Mittel gegen seine seltene Blutkrankheit sucht, um sich und andere zu heilen. Dabei greift er zu unorthodoxen Mitteln: Er mischt die menschliche DNA mit der DNA von Fledermäusen.
Sein Experiment funktioniert. Er ist geheilt von seinen körperlichen Gebrechen und das Fledermausblut in seinen Adern lässt ihn meilenweit hören, an die Decke springen und durch Räume fliegen. Doch plötzlich wird eine neue, triebhafte und dunkle Seite in ihm immer lauter.
Ein Held mit Blutlust
In der Filmadaption ist Jared Letos Morbius ein düsterer, ambivalenter Antiheld. Denn Vampire brauchen frisches Blut. Kann er seine Triebe unterdrücken?
Was passiert, wenn die dunklen Kräfte Überhand gewinnen, zeigt sich bei Milo, gespielt von Matt Smith, bekannt aus «Doctor Who» und «The Crown». Auch er hat sich auf das Experiment mit dem Fledermausblut eingelassen. Der Kindheitsfreund und Leidensgenosse von Morbius wird zum rachsüchtigen Gegenspieler.
Kein Horror, keine Superhelden
Doch der lange aufgebauschte Kampf zwischen Gut und Böse hinterlässt bloss ein Gefühl des Mittelmasses, das der Komplexität des Antihelden Morbius nicht gerecht wird. Das Vampir-Thema und die Storyline des Films liessen eine Umsetzung im Horror-Genre vermuten, doch Regisseur Daniel Espinosa nutzt dieses Potenzial nicht: Es gibt nur eine einzige klassische Verfolgungsszene aus Opferperspektive.
Trotz direktem Comic-Bezug wird auch auf typische Elemente aus Superhelden-Verfilmungen verzichtet: So gibt es für Morbius keine Transformation vom Mensch zum Helden dank passendem Kostüm.
Den mittelmässigen Plot versucht die Produktionsfirma Sony mit starken Cliffhangern wieder wett zu machen. Der offene Schluss soll bei Fans von Spider Man für erhöhten Puls sorgen: Diverse Hinweise lassen vermuten, dass eine Morbius-Fortsetzung mit Bezug zum Spider-Man-Universum geplant ist. Ein kluger Schachzug.
Kinostart 31. März 2022