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Neu im Kino Jedes 50. Baby entsteht künstlich

Der Schweizer Dokumentarfilm «Kinder machen» schaut Reproduktions-Medizinern über die Schulter und hinter die Kulissen einer wachsenden Industrie.

Jedes 50. Kind entsteht in der Schweiz nicht auf natürlichem Weg, sondern durch künstliche Befruchtung. Also mit der Hilfe von modernster Wissenschaft, neuster Technologie und geschulten Medizinern.

Regisseurin Barbara Burger rückt diese Menschen und ihre Arbeit ins Zentrum ihres Dokumentarfilms «Kinder machen». «Ich wollte die Tür zu den Labors öffnen», sagt sie.

«Viele Menschen denken, dass dort nur Freaks arbeiten oder dass Kinder tatsächlich in einem Reagenzglas gezeugt werden. Die Doku ist deshalb eine Art Aufklärungsfilm.»

«Kinder machen»

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Verständlich und menschlich zeigt der Dokumentarfilm die wachsende Reproduktions-Branche. Die Regisseurin wertet selber nicht, lässt aber Medizinerinnen und Mediziner zu Wort kommen, die sich selbst viele Gedanken zu ihrer Arbeit machen. Ein spannender Einblick in eine normalerweise verschlossene Welt – nicht nur für Paare mit Kinderwunsch.

Der Zuschauer lernt durch sie die Menschen im Labor kennen: Die Embryologinnen, die mit grosser Sorgfalt Eizellen befruchten, die Forscher, die sich wie kleine Kinder freuen, wenn ihnen ein Durchbruch gelingt, oder der Arzt, der beim Einsetzen der Embryonen in die Gebärmutter am liebsten den Song «Mensch» von Herbert Grönemeyer hört.

Ab 35 wird es schwierig mit dem Kindermachen

Barbara Burger hat ihre beiden Kinder auf natürlichem Weg bekommen. Aufmerksam auf das Thema Reproduktionsmedizin wurde sie vor fünf Jahren durch eine Werbung für das sogenannte Social Freezing.

Dabei lassen junge Frauen ihre Eizellen einfrieren, um sie später auftauen, befruchten und wieder einsetzen zu lassen. Grund dafür: Ab 35 Jahren nimmt die Fruchtbarkeit einer Frau ab.

«Ich wollte wissen, ob das tatsächlich eine Garantie ist, ein Kind zu bekommen, wann immer man will», sagt die Filmemacherin. Sie begann zu recherchieren, befragte Mediziner und Forscher. Und durfte sie in ihrem Alltag begleiten.

Neue Verfahren führen zu neuen Gefahren

Der Film «Kinder machen» beobachtet genau, urteilt aber nicht. Dabei gibt es viel Diskussionsstoff.

Ein dunkles Labor, drei Frauen sitzen konzentriert an den Mikroskopen, eine Frau ist von hinten zu sehen und läuft aus dem Bild.
Legende: Diese Frauen befruchten gerade Eizellen. Fair & Ugly

Die Schweizer Ethikerin und Philosophin Susanne Brauer meint, Social Freezing gebe den Frauen mehr Freiheit. Dass aber in den USA einige Firmen wie Apple oder Facebook ihren Mitarbeiterinnen den Eingriff bezahlen, sei problematisch.

«Durch neue Technologien kann sich ein Druck aufbauen», sagt sie. «Eine soziale Erwartung an die Frauen, Kinder nur dann zu bekommen, wenn es dem Arbeitgeber genehm ist.»

Kreation des Wunschkindes

Regisseurin Barbara Burger findet: «Problematisch wird die Reproduktionsmedizin, wenn es nicht mehr um die Erfüllung des Kinderwunsches geht, sondern um die Kreation des Wunschkindes.»

SRF-Koproduktion

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Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) hat diesen Film koproduziert .

Das zeigt sich durch eine Szene mit einer Embryologin aus Zypern. Anders als in der Schweiz, wo die Geschlechter-Selektion nur erlaubt ist, wenn die Eltern Träger einer geschlechtsabhängen Erbkrankheit sind, gibt es dort keine Regelungen.

Dementsprechend wollen ihre Kunden vor allem Buben. «Die weiblichen Embryonen schmeissen wir weg», erzählt die Medizinerin.

Keine Garantie für ein Baby

Was vielen Paaren mit Kinderwunsch nicht bewusst ist: Die Reproduktionsmedizin ist keine Baby-Garantie. Die Chance, dass durch künstliche Befruchtung ein Kind entsteht, liegt nur bei ungefähr 35 Prozent. Mit höherem Alter der Frau nimmt sie immer weiter ab.

Kinostart: 30.11.2017

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