Guarda un po’! Über 25’000 Zuschauer haben den Film über einen Schweizer Zöllner und einen italienischen Grenzgänger schon gesehen. Das sind sieben Prozent der Tessiner Wohnbevölkerung. Das Publikum jenseits des Gotthards ist von der Komödie so begeistert, dass die Kinos aus allen Nähten platzen. Zum Vergleich: Von «Star Wars: The Last Jedi» wurden im gleichen Zeitraum weniger als halb so viele Tickets abgesetzt.
Die Geschichte holt die Zuschauer des Randkantons in ihrer Lebenswelt ab: Dreh- und Angelpunkt der Zoll-Komödie sind die feinen Unterschiede zwischen Tessinern und Italienern. Im Kern geht es also um Grenzen – vor allem um diejenigen in den Köpfen.
Chaot trifft auf Bünzli
Grenzgänger Bussenghi (Flavio Sala) ist ziemlich genau so, wie sich ein Schweizer einen Italiener vorstellt: Liebenswert, chaotisch und unpünktlich. Für Feinmechaniker Bussenghi gibt es allerdings einen guten Grund, wieso er täglich zu spät zur Arbeit kommt. Schuld daran ist aus seiner Sicht ein kleinkarierter Schweizer: Grenzwächter Bernasconi (Paolo Guglielmoni), der ihn am Zoll – ganz regelkonform – immer wieder aufs Neue filzt.
Doch dann ändert sich plötzlich alles: Am selben Tag, an dem Bussenghi zum Projektleiter befördert wird, verliert Zöllner Bernasconi seinen Job. Und weil das Schicksal ein Scherzkeks ist, findet sich Bernasconi bald als Bodyguard wieder, der Bussenghi – gegen dessen Willen – rund um die Uhr beschützen muss. Dem klassischen Kulturknatsch sind somit Tür und Tor geöffnet.
Alles eine Frage der Mentalität
Das plakative Spiel mit Klischees muss man schon mögen, um der preiswert produzierten Culture-Clash-Komödie etwas abzugewinnen. Wer des Italienischen mächtig ist, wird mit witzigen Wortspielen belohnt.
Beim Deutschschweizer Publikum dürfte Alberto Meronis Film aber einen schweren Stand haben. Es sei denn, es lässt sich von Exil-Tessinern mitreissen, die dank kantonsübergreifender Mund-zu-Mund-Propaganda darauf brennen, «Frontaliers Disaster» endlich selbst zu sehen.
Aus Radiokomikern werden Kinohelden
In der italienischsprachigen Schweiz kennt jedes Kind die Figuren des lokalen Kassenhits. Bereits 2006 strahlten die beiden Radio-Moderatoren Flavio Sala und Paolo Guglielmoni täglich einen Sketch über die oft geradezu zelebrierten Reibereien zwischen Italienern und Schweizern aus.
2007 begannen die zwei Komiker, regelmässig im Fernsehen aufzutreten. 2011 folgte der erste Kinoauftritt in einer Patchwork-Produktion, welche aus verschiedenen Kurzfilmen bestand, die das Duo im Laufe der Jahre für RSI gedreht hatte. Da dafür stolze 16’500 Kinotickets verkauft wurden, folgte 2014 ein nicht ganz so erfolgreiches Sequel. Und nun also der erste abendfüllende Spielfilm: «Frontaliers Disaster».
Kleine Rebellion gegen das Hollywood-Imperium
Der erfreuliche Erfolg der Tiefstpreis-Komödie kommt also nicht von ungefähr: Er lässt sich gut mit der konstant gewachsenen Fangemeinde und der starken regionalen Verankerung erklären.
Der grösste Trumpf von «Frontaliers Disaster» ist dessen unschlagbare Nähe zu den Zuschauern: Das Tessin lacht offenbar lieber über sich selbst als über Witze einer weit, weit entfernten Galaxis. Und: Anders als die grossen Hollywood-Produktionen kann man diesen sympathisch kleinen Film wirklich nur im Kino sehen. Raubkopien sind selbst in den unendlichen Weiten des Internets bis zum heutigen Tag keine zu finden.
Kinostart Deutschschweiz: 18.1.2018