SRF: Der Kinderroman «Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer» wurde 1960 veröffentlicht, also vor 58 Jahren. Warum fasziniert die Geschichte noch heute?
Elisabeth Eggenberger: Es ist ein fantastisches Abenteuer über zwei Helden, die verschiedene Aufgaben lösen müssen. Die Fantastik hat den Vorteil, dass sie nicht auf eine gewisse Zeit oder Gesellschaft beschränkt ist. Die Märchenelemente sind gemischt mit viel Humor. Ausserdem spielen Technik und Physik eine wichtige Rolle – zum Beispiel die Lokomotive Emma, die seetauglich gemacht wird, oder die Erklärung, wie eine Fata Morgana funktioniert. Das fasziniert Kinder noch immer.
Und was gefällt den Erwachsenen an der Geschichte von Michael Ende?
Erwachsene sehen in Jim Knopf auch einen politischen Kommentar. Das Buch erschien nach dem Zweiten Weltkrieg. Es gibt Elemente, die ganz klar auf den Nationalsozialismus anspielen. Beispielsweise die Szene, in der Jim Knopf in eine Drachenstadt kommt, zu der nur reinrassige Drachen Zutritt haben, keine Halbdrachen.
Trotzdem: Andere Bücher werden irgendwann vergessen, Jim Knopf kommt jetzt sogar in die Kinos.
Jim Knopf zeichnet sich eben auch dadurch aus, dass die Geschichte sehr früh von anderen Medien aufgenommen und dadurch verbreitet wurde. Einen grossen Anteil am Erfolg hat die Verfilmung der Augsburger Puppenkiste, die ab 1961 ausgestrahlt wurde. Ausserdem gibt es Hörspiele oder eine Zeichentrickserie. Wenn ein Buch in einer Generation erst mal so bekannt ist, wird das auch weitergegeben. Die Eltern lesen ihren Kindern also das Buch vor oder zeigen ihnen den Film.
Was macht die neue Verfilmung mit dem Stoff?
Der Film wird sicher dazu führen, dass die Geschichte wieder präsenter ist. Die Kinder werden diese neuen Bilder mit Jim Knopf verbinden, während die Eltern diejenigen der Augsburger Puppenkiste im Kopf haben. Doch es ist der Stoff, der trägt. Wenn eine Geschichte gut ist, dann funktioniert sie in verschiedenen Medien.
Das Gespräch führte Britta Gfeller.