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Neu im Kino «King Richard»: Kniefall vor einem Buckligen

Oscarreif: Will Smith als Power-Papa der beiden Tennis-Schwestern Serena und Venus Williams, deren Erfolge er früh voraussagte.

Hollywood liebt es, wenn ein Plan funktioniert. Richard Williams, ein von Kaliforniens Ghettos geprägter Afroamerikaner, ebenfalls. Was er plante, lässt sich eigentlich gar nicht planen: die Herrschaft über die Damen-Tennis-Welt.

Wider die Skeptiker

Er sei ein Spinner, der nichts vom Spitzensport verstehe, sagten ihm die Experten. Immer und immer wieder. Doch weil sich seine Töchter von nichts und niemandem aufhalten liessen, verstummten die skeptischen Stimmen zur Jahrhundertwende. Wenig später übernahmen die Williams-Schwestern das Zepter in der Weltrangliste und adelten damit auch ihren umstrittenen Vater.

30 Grand-Slam-Titel im Einzel haben Venus und Serena Williams eingeheimst. Erst jetzt, da beide über 40 sind, zeichnet sich allmählich ein Ende ihrer Ära ab. Der letzte Triumph bei einem Grand-Slam-Turnier liegt bereits fünf Jahre zurück. Der ideale Moment also, um die zwei Tennis-Ikonen zu würdigen. Die Traumfabrik tut dies nun, wenn auch nur indirekt: Gehuldigt wird in «King Richard» nicht primär den Schwestern, sondern ihrem alten Herrn.

Wahres Märchen «Straight Outta Compton»

Hollywood greift innerfamiliäre Machtverhältnisse auf und reproduziert diese durch die Besetzung: Während Venus und Serena Williams von weitgehend unbekannten Schauspielerinnen verkörpert werden, übernimmt Kassenmagnet Will Smith die Hauptrolle.

Newcomerin Saniyya Sidney als Venus Williams in einer Nahaufnahme.
Legende: Um Venus Williams zu verkörpern, spielt Linkshänderin Saniyya Sidney im Film mit rechts Tennis. Warner Bros

Der 53-Jährige hat sich für den Part nicht nur die stets leicht gebückte Körperhaltung von Richard Williams angeeignet. Sondern auch dessen aufrechte Lebenshaltung, die darin besteht, stets das Maximum für seine Kinder herauszuholen. Selbst wenn seine Nachbarn die Härte, mit der er seine Töchter erzog, für grenzwertig hielten. Was gar zu Hausbesuchen der Polizei führte, wie der Film offenlegt.

Von seiner Mission überzeugt, weist Will Smith als Familienoberhaupt Richard die Gesetzeshüter beherzt in ihre Schranken: «Sie brauchen mir nicht zu sagen, dass wir hart zu den Kids sind. Das weiss ich selbst. Das ist unser Job. Wir müssen sie von der Strasse fernhalten.»

Dads Plan des sozialen Aufstiegs ging auf: Statt in den schmutzigen Strassen von Compton verbrachten die Williams-Schwestern ihre Zeit auf immer gepflegteren Tennisplätzen.

Umstrittener Ansatz, unumstrittene Klasse

Die väterliche Weisheit, die in der Familie Williams wie ein Mantra nachgebetet wurde, lautet: «If you fail to plan, you plan to fail.» Richtig gut lässt sich die uramerikanische Redewendung nicht ins Deutsche übersetzen, am ehesten noch mit: «Wer keinen Plan hat, plant den eigenen Absturz.»

Will Smith als Richard Williams mit seinen Film-Töchtern am Netz.
Legende: Väterlicher Rat am Netz: «Wer keinen Plan hat, plant den eigenen Absturz.» Warner Bros

Wer dagegen den perfekten Plan besitzt, schlussfolgerte Richard Williams, dem gehört die Welt. Die Eroberung des «weissen Sports» durch Power-Tennis lautete der Plan, den seine zwei pflichtbewussten Töchter rigoros in die Tat umsetzten. Mit viel Talent, aber vor allem: unvergleichbarer Athletik und Willensstärke.

Einst ein Prinz, bald ein König

Da ungebrochener Erfolg erzählerisch wenig hergibt, konzentriert sich das Tennis-Biopic ganz auf die prägenden Jugendjahre der Williams-Schwestern. So endet der Film für Venus mit ihrem Centre-Court-Debüt und einem wahren Wechselbad der Gefühle.

Will Smith als Richard Williams, umrahmt von dessen Film-Töchtern.
Legende: Kurz vor der Krönung zum Schauspielkönig: Ein frischer Prinz ist Will Smith nicht mehr. Warner Bros

Ob es für «King Richard» ein Happy End gibt, entscheidet sich Ende März: Wenn Hauptdarsteller Will Smith, der einst als «Fresh Prince of Bel-Air» zum Publikumsliebling avancierte, als Favorit ins Oscar-Rennen startet. Es wäre die überfällige Krönung des Mannes, der bereits als «Ali» bewiesen hat, dass er kein schauspielerisches Leichtgewicht mehr ist.

Kinostart: 24. Februar 2022

SRF 1, 10vor10, 23.2.2022, 21:50 Uhr

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