Jonah Hills Protagonist Stevie ist – wie der Filmemacher selbst – ein Kind der 90er. Zu Beginn schläft er sogar noch in Bettwäsche der «Teenage Mutant Ninja Turtles». Und spielt sich zuhause auf dem Super Nintendo mit «Street Fighter 2» die Finger wund.
Doch schon früh wird klar: Der 13-jährige Knirps (Sunny Suljic) will raus aus der heimischen Komfortzone. Raus auf die Strasse, zu den etwas älteren, richtig coolen Jungs. Raus zu den Skatern, die verboten klingende Namen wie «Fuckshit» tragen.
Antrainierter Hip-Hop-Habitus
Klein-Stevie will dazugehören. Dafür gibt der niedliche Sohn einer alleinerziehenden Mutter alles – auch abseits des Skateboards. So versucht er sich mit rührendem Elan die Codes der Hip-Hop-Kultur anzueignen. Dass er dabei kläglich scheitert, macht ihn umso sympathischer.
In einer Szene sagt ihm Ruben, das jüngste Cliquen-Mitglied, vorwurfsvoll: «Hör auf, dich ständig zu bedanken! Das ist voll schwul!» Ein haarsträubender Ratschlag, für den sich Stevie sogleich bedankt. Und damit zugleich ungewollt beweist, dass ihm homophober Machismo im Grunde völlig fremd ist.
Süsse Erinnerungen an eine wilde Zeit
Trotz vieler Attacken auf Stevies Freundlichkeit lässt sich diese zum Glück nicht austreiben. Den Mädchen gefällt’s. So lässt sich Stevies erste Eroberung mit folgenden Worten auf das Liebesspiel ein: «Du bist noch in dem Alter, bevor Jungs zu Arschlöchern werden.»
Zur Gruppe der älteren, böseren Jungs gehören Stevies neue Idole: Fuckshit und Ray, die beide von professionellen Skateboardern gespielt werden. Zur Skater-Clique gehört letztlich auch Forth Grade, der alles mit seiner Videokamera festhält. Und in dessen Passion für das bewegte Bild sich Jonah Hills Filmemacher-Ambitionen spiegeln.
Besser als ein Mixtape aus den 90ern
Die fehlende Distanz zu seinen Protagonisten ist der einzige, kleine Makel von Hills Regiedebüt. «Mid90s» ist eine Liebeserklärung an die selbst etwas pubertär wirkende Popkultur der eigenen Jugendzeit. Eine Zeit, die Hill recht unkritisch als Goldenes Zeitalter der Hip-Hop-Szene feiert.
Andererseits dürfte der Filme gerade damit bei vielen punkten: Allein schon der vom Wu-Tang Clan dominierte Soundtrack löst subito nostalgische Gefühle aus. Die absichtlich stumpf abgemischte Tonspur passt dabei perfekt zum altmodischen 4:3-Format des Bildausschnitts.
In seinen besten Momenten wirkt der stilsicher inszenierte Film wie ein gut gealtertes Fundstück. Dieses flapsig Old School zu nennen, wäre trotzdem nicht nur falsch, sondern taktlos. Denn besser als ein echtes Mixtape aus dem letzten Jahrtausend ist «Mid90s» allemal.
Kinostart: 18.4.2019