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Emmerich zieht in «Midway» Parallelen zum heutigen US-Populismus
Aus 10 vor 10 vom 07.11.2019.
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 34 Sekunden.
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Neu im Kino «Midway»: Mit einem Blockbuster gegen Donald Trump

Hollywood-Regisseur Roland Emmerich versteht sein Action-Drama als Kritik am Rechtspopulismus. Ein Experte widerspricht.

Roland Emmerich bleibt sich treu, das muss man ihm lassen. Auch in seinem neusten Film gibt es endlose Actionszenen, atemberaubende Explosionen, Patriotismus in XXL-Rationen. Plus das obligate Quäntchen Liebe, gepaart mit Männerfreundschaften.

Sturzflüge unter Flab-Hagel

Unter zwei Stunden sind Emmerichs wuchtigen Werke nicht zu haben. Der Film über die entscheidende US-japanische-Schlacht im Pazifik bei den Midway-Inseln dauert 138 Minuten.

Ein Militärpilot ballert mit seinem Maschinengewehr lächelnd in Richtung Kamera.
Legende: Wenn's zischt und knallt, ist die Chance gross, dass man in einem Emmerich-Film sitzt. Ascot Elite

Danach hat jeder Kinobesucher verinnerlicht, wie sich ein Sturzflug unter Flab-Hagel auf einen feindlichen Flugzeugträger anfühlt: höllisch anstrengend.

Ein grüner Greta-Fan

In unserem Interview zeigt sich der 63-jährige Deutsche als politisch denkender und handelnder Mensch. Er wähle die Grünen seit mehr als 15 Jahren, erklärt er stolz. Wenig später fügt er an, dass er die junge schwedische Umwelt-Aktivistin Greta Thunberg «super» finde.

Es sei beschämend für Politiker, dass eine 16-Jährige auf den Ernst der Lage aufmerksam machen müsse, bevor gehandelt werde. «Sie ist im ganzen Pessimismus der einzige Lichtblick», meint Emmerich. Die eigene politische Haltung widerspiegle sich auch in seinen Filmen; wie zum Beispiel dem Klimaschocker «The Day After Tomorrow».

Politischer Subtext

Doch wie politisch sind Emmerich Filme wirklich? Filmwissenschaftler Marius Kuhn hat für SRF deren politische Aussagekraft analysiert.

Roland Emmerich auf dem Set.
Legende: Spitzname «Spielbergle»: Roland Emmerich gilt in Hollywood als Erfolgsgarant. Ascot Elite

«The Day After Tomorrow» zeige laut Kuhn, dass Emmerich mit seinem ökologischen Bewusstsein gewisse Entwicklungen vorausahnen könne: «Roland Emmerich hat sicher ein Gespür für aktuelle Themen, auf die er manchmal sogar mit Ironie verweist. So müssen am Ende von ‹The Day After Tomorrow› Amerikaner ausgerechnet nach Mexiko flüchten.»

Noch offensichtlicher als politisches Statement ist das Schwulendrama «Stonewall» (2015) zu verstehen.

Aufstand der Gay-Community

Darin thematisiert Emmerich, der 2017 seinen Lebenspartner geheiratet hat, den Aufstand Homosexueller gegen Polizeigewalt in der New Yorker Christopher Street im Sommer 1969. Das Drama über die Geburtsstunde der Gay-Pride-Bewegung kam allerdings nicht gut an.

Gruppenbild der Schauspieler, die im Film US-Militärpiloten verkörpern.
Legende: It's raining men! In «Midway» sind sie omnipräsent: adrette, weisse Männer. Ascot Elite

Zu viele Weisse würden zu heldenhaft dargestellt, lautete die Kritik aus der Community. «Stonewall» betreibe sogenanntes «Whitewashing». Schwarze, Transsexuelle oder andere Ethnien seien untervertreten. LGBT-Aktivisten riefen gar zum Boykott des Films auf.

Für ein geeintes Amerika

Sein neustes Historiendrama «Midway» spiele zwar 1942, sei aber gerade für die heutige Zeit wichtig, findet Emmerich. Weil er «die Bedeutung eines geeinten Landes» thematisiere.

US-Präsident Donald Trump treibe dagegen die Spaltung Amerikas voran: «Das war damals ein geeintes Land, das für die Demokratie gekämpft hat. Wenn man heute sieht, was in den USA passiert, dann ist es gut, so was zu zeigen.»

Die Helden des Films: Wade (Luke Evans) und Dick (Ed Skrein).
Legende: Gemischte Gefühle: Wade (Luke Evans) und Dick (Ed Skrein) pflegen eine Hassliebe. Ascot Elite

Filmwissenschaftler Marius Kuhn sieht es anders: «Emmerich propagiert zwar Einigkeit, aber sie richtet sich gegen einen klar definierten Feind. Da ist der Film martialisch und patriotisch gefärbt. Damit stellt er sich nicht unbedingt gegen Positionen, wie sie Donald Trump oder andere Populisten vertreten.»

Sein Fazit zu «Midway»: «Zweieinhalb Stunden Schlacht. Waffengewalt ist das Credo, das dieser Film propagiert». Emmerichs Aufruf zur Einigkeit wirkt darum unglaubwürdig. Sogar wenn er ernst gemeint sein sollte, geht er im Kugelhagel glatt unter.

Kinostart: 7.11.2019

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