Zum Inhalt springen

Neu im Kino «My Sunny Maad»: Eine afghanische Integrationsgeschichte mit Herz

Im Animationsfilm «My Sunny Maad» folgt eine Tschechin ihrem Partner in seine Heimat Afghanistan. Sie will sich in der fremden Kultur zuhause fühlen – besonders als Frau bringt das einige Hürden mit sich.

Helena heisst jetzt Herra. Die junge Frau lässt Prag hinter sich und zieht nach Kabul. Sie macht sich keinerlei Illusionen: Das wird ein Kulturschock. Aber aus Liebe zu ihrem Partner nimmt sie die Herausforderung an: Die einstige Studentin ist willens, Hausfrau und Mutter in einer Grossfamilie zu werden.

Bild einer afghanischen Familie.
Legende: Herra (links) ist für die Liebe ihres Lebens nach Afghanistan gezogen und nun Teil einer grossen Familie – nicht alles verläuft sofort reibungslos. First Hand Films

Das mit der Mutterschaft wirft allerdings Probleme auf, denn Herra wird nicht schwanger. Keine gute Nachricht, aber in der vielköpfigen afghanischen Familie ist eine Lösung zur Hand: Als selbst eklige Fruchtbarkeitstrünke nicht wirken wollen, wird ohne viel Federlesens der Adoptivbub Maad aufgetrieben.

Eine Figur, die man ins Herz schliesst

Maad wirkt – selbst in einem animierten Film – wie ein Fremdkörper: Der Junge leidet an Muskelatrophie und sein Kopf, so wird es im Film gesagt, sieht aus wie eine Glühbirne.

Maad hat einen riesigen, kahlen Schädel mit den traurigen Augen eines Erwachsenen. Seine Lebenserwartung ist gering. Herra schliesst ihn umso mehr ins Herz – das Publikum ebenfalls.

Ein glatzköpfiges Kind mit Kamera und Notizzettel.
Legende: Er hat die Sympathien auf seiner Seite: Der kleine Mohammed, kurz Maad, gibt dem Film seinen Titel. First Hand Films

«My Sunny Maad» erzählt weit mehr als nur die Geschichte einer mutigen Frau aus dem Westen, die in einer andersartigen Welt ein andersartiges Kind grosszieht.

Auch die anderen Familienmitglieder haben Sorgen. Es geht um Frauenrechte und Sexismus. Es geht um ein Kabul in den 2010er-Jahren, in dem die Taliban zwar entmachtet, aber nicht von der Landkarte verschwunden sind.

Zwischendurch Gelächter

Tragische, aufwühlende Momente gibt es in «My Sunny Maad», aber sie überwiegen nicht. Sie werden ausbalanciert durch witzige, aufmunternde Szenen. Da ist Situationskomik, da ist Dialogwitz, da ist die Lebensfreude der Frauen und Kinder im Haus.

Da ist stellenweise auch der spezifische Humor des Animationsfilms: Absurde Einschübe, die in einem Realfilm gar nicht möglich wären.

«Von diesen auflockernden Sequenzen hätten wir noch viel mehr gehabt», sagt die tschechische Regisseurin Michaela Pavlátová. Aber der Film habe sie nicht richtig absorbiert, sie hätten wie Fremdkörper gewirkt und die Handlung unterbrochen. «Bereits der verfilmte Roman enthielt sehr viel Humor, es brauchte im Film nicht mehr davon», sagt Pavlátová.

Glück und Trauer in der Waagschale

Im fertigen Film stimmt der Mix. Der angenehme Animationsstil bringt die Emotionen der Figuren glaubwürdig auf den Punkt. Die warmen Farben, der unaufgeregte Strich, die nie überladenen Bilder, der gelegentliche Lacher: Das alles lädt ein, sich auf eine Geschichte einzulassen, die auch Schwerverdauliches enthält

Am Schluss von «My Sunny Maad» – so viel sei verraten – geht jedenfalls die Sonne auf: Heller als je zuvor im Film.

Kinostart: 27.04.2022

Radio SRF 2 Kultur, Kultur Aktuell, 02.05.2022, 17:20

Meistgelesene Artikel