Eine Frau aus dem Kanton Uri vermutet, «Omegäng» könnte «bald» heissen. «Es bedeutet ‹ist mir doch egal›», mutmasst ein Bauer aus Appenzell Innerrhoden. Sein Kollege ist sich indes sicher: «Es heisst ‹sofort›».
Auf der Suche nach diesem urschweizerisch klingenden Wort macht sich der Luzerner Regisseur Aldo Gugolz auf die Reise quer durch unser Land. Er will wissen, wie es um die Schweizer Mundart bestellt ist.
Die Mundart sei, so Gugolz, ein integrativer Faktor, der uns zusammenhalte: «Die Sprache ist ein Raum, der eine Identität schafft. So unterschiedlich die einzelnen Ausdrucksweisen auch sind, man gehört zur gleichen Sprache. Das bildet eine Einheit.»
Omegäng: Eine Erfindung von Franz Hohler?
Der Regisseur besucht die Linguisten des Schweizerischen Wörterbuchs «Idiotikon» und das Emmentaler Flucharchiv. Beide bieten überraschende Einsichten in lexikalische Kuriositäten.
Auch Kabarettist und Autor Franz Hohler ist mit von der Mundart-Partie. Er rezitiert aus seinem legendären «Totemügerli», bei dem fast alle Wörter frei erfunden sind: «Der Schöppelimunggi u der Houderebäseler si einischt schpät am Abe, wo scho der Schibützu durchs Gochlimoos pfoderet het ...»
Etliche der fiktiven Wörter seien mittlerweile in den berndeutschen Sprachgebrauch übergegangen, erzählt Hohler stolz. Deshalb vermutet ein Mitarbeiter des «Idiotikons», «Omegäng» könnte durchaus eine Franz-Hohler-Erfindung sein.
Der Regisseur fand viele seiner Protagonistinnen und Protagonisten auf Bühnen und Alpen. Den Bauer Hans Rohner, ein knorriges Original, entdeckte er per Zufall im St. Galler Rheintal. Dieser pflegt seinen Dialekt mit Schalk und Witz, seltene Wörter aus dem Rheintal kennt er jede Menge.
«Huotüener» zum Beispiel. «Das heisst, jemanden von der Beiz nach Hause begleiten», erklärt Rohner verschmitzt: «Das muss nicht unbedingt die Freundin sein, einfach jemanden heimbegleiten.»
Mundart stiftet Identität – auch für die Jungen
Die Nostalgie nach alten Wörtern ist das eine. Mundart gibt aber auch der Jugend Identität. Davon kann die Rapperin Alwa Alibi – ebenfalls eine Protagonistin im Film – ein Liedlein singen: «Ich singe Berndeutsch. Es ist die Sprache meines Herzens. Sie ist mir am nächsten und das Logischste. Ich kann keine andere Sprache so gut wie diese.»
Und doch: Konzessionen an den Zeitgeist müssen sein. Auch Bauer Hans Rohner fügt sich – leicht unwillig – dem Genderdiktat, wenn er über seine Sägen-Sammlung spricht: «Diese Sägen hiessen bei uns früher ‹Zweimannsägen›. Heute muss man halt ‹Partnersägen› sagen.»
Pedro Lenz kennt’s
Am Schluss der Dokumentation liefert Mundartautor Pedro Lenz die Auflösung des Rätsels: «‹Omegäng› heisst wörtlich übersetzt ‹Bloss immer›. Und ‹Omegäng hü› heisst ‹nur immer vorwärts›.» Das klingt einleuchtend und ist doch nur ein Gebrauch des Wortes von vielen.
Diese Vielfalt macht das Wesen des Dialekts aus und den Film «Omegäng» zu einem überraschenden, witzigen und lehrreichen Erlebnis. Den Ausdruck «Omegäng hü» jedenfalls werden die Zuschauerinnen und Zuschauer nicht mehr so schnell vergessen.
Kinostart: 18.04.2024