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Neu im Kino Roadmovie «The King»: Mit Trump hat Elvis herzlich wenig zu tun

Trump, Kapitalismus, Black Lives Matter: In «The King – Promised Land» erkundet Regisseur Eugene Jarecki in Elvis' Rolls Royce die USA der Gegenwart. Und überspannt den Bogen.

Die US-Amerikaner haben sich nie etwas aus einem König gemacht. Einen König hatten sie aber doch: Elvis Presley, den «King of Rock’n’Roll».

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Mit dem Rolls Royce durch Amerika: Filmbesprechung zu «The King»
aus Kultur-Aktualität vom 19.06.2018. Bild: Spot on
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 1 Sekunde.

Der Musiker aus dem ärmlichen Tupelo, Mississippi, war kometenhaft zu Ruhm und Reichtum aufgestiegen und gilt bis heute als Verkörperung des Amerikanischen Traums schlechthin.

Im Rolls Royce des Kings

Dass sich anhand des Sängers der wirtschaftliche und gesellschaftliche Wandel der USA nachzeichnen lässt, leuchtet als Idee ein. Doch der Dokumentarfilm «The King – Promised Land» hat bei aller Faszination eine entscheidende Schwäche: Die Überfülle an Bildern und Stimmen geht auf Kosten der Genauigkeit.

Mit einem Rolls Royce aus dem Fuhrpark des Kings fährt Regisseur Eugene Jarecki die Stationen von Elvis Presleys Karriere ab: Er besucht Mississippi, New York, Las Vegas und das deutsche Bremerhaven, wo der Sänger seinen Militärdienst absolvierte und von Tabletten abhängig wurde.

Eugene Jarecki

Eugene Jarecki

Regisseur

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Eugene Jarecki ist ein US-amerikanischer Regisseur. Für seine kritischen Dokumentarfilme «Why We Fight» (2005) und «The House I Live» (2012) gewann er den grossen Jurypreis beim Sundance Film Festival.

Bogen schlagen zur Gegenwart

Freunde, Bewunderer und Kritiker kommen zu Wort, im Fonds des Wagens spielen verschiedene Musiker zu Ehren des Kings auf.

Ein Mann mit Basecap sitzt in einem Auto.
Legende: Promi um Promi nimmt auf der Rückbank Platz – wie hier Ashton Kutcher. Das tut dem Film nicht nur gut. Spot On

In Rückblenden wird der US-Wirtschaftsboom der Nachkriegsjahre mit der Biografie von Elvis Presley verschränkt. Dass ein Weisser mit schwarzer Musik zu Erfolg kam, ohne sich je kritisch zur Bürgerrechtsbewegung zu äussern, sorgt bis heute für kontroverse Einschätzungen des Sängers.

Aufnahmen zur Protestbewegung «Black Lives Matter» oder zum Präsidentschaftswahlkampf von Donald Trump schlagen den Bogen zur Gegenwart. Doch wirkt der Aktualitätsbezug oft nur behauptet.

Ein For Sale Plakat mit Elvis Porträt.
Legende: Elvis ist omnipräsent: «Er hat hier gewohnt», steht auf dem Verkaufsschild dieses Hauses. Spot on

Maskottchen des Konsums

Eingestreut zwischen alten Dokumentaraufnahmen und Konzertmitschnitten sind knappe, kulturkritische Beobachtungen zum Zustand einer Nation, die sich bedingungslos dem Konsum unterworfen hat: Presley wird in dieser Lesart zum Maskottchen und Opfer eines selbstzerstörerischen Kapitalismus.

Oder wie ein Restaurantbesucher im Film sagt: Wenn Elvis Presleys Karriere den Triumph und Niedergang der Vereinigten Staaten widerspiegelt, dann sind die USA heute in einem ähnlichen Zustand wie der aufgedunsene King bei seinen Auftritten in Las Vegas – kurz vor einer Überdosis.

Abgesang auf Amerika

Mit seinem assoziativen Gedankenstrom und den teils gewagten Parallelmontagen zeichnet «The King – Promised Land» ein tristes Bild von der einst unangefochtenen Weltmacht, die Gier mit dem Streben nach Glück verwechselt hat und dafür den Preis der sozialen und kulturellen Verelendung zahlt.

Zwei Musiker speilen vor einem Schrottplatz.
Legende: Der Film versucht musikalische Erinnerung und kaputte Gegenwart unter einen Hut zu bringen. Polyfilm/David Kuhn

Der Film gibt die gesellschaftliche Orientierungslosigkeit formal adäquat wieder – als manischer Trailer auf den Untergang des amerikanischen Imperiums.

Man könnte allerdings auch zum Schluss kommen, dass der Dokumentarfilm an derselben Malaise krankt, die er kritisiert: Aus Frust über den drohenden Bedeutungsschwund stopft «The King – Promised Land» schlicht zu viel in sich hinein.

Kinostart: 21.6.18

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