Der Stoff dieser Bestseller-Adaption birgt reichlich Zündstoff. So überrascht es nicht, dass der Film gleich mit einem grossen Knall beginnt: Bildfüllende Explosionen symbolisieren den britischen Luftangriff auf Hamburg im Sommer 1943. Operation Gomorrha war das schwerste Bombardement, das die Welt bis anhin gesehen hatte.
Den Rauch über den Ruinen nutzt Regisseur James Kent für eine gewagte Ellipse: um auf den Dampf einer deutschen Eisenbahn im Winter 1945/46 zu schneiden. In dieser sitzt Filmheldin Rachael (Keira Knightley), die nach Kriegsende zu ihrem Mann reist.
Dieser, ein hochrangiger britischer Besatzungsoffizier (Jason Clarke), lebt inzwischen in einer beschlagnahmten Hamburger Villa. Den ursprünglichen Eigentümer, einen verwitweten Architekten (Alexander Skarsgård), lässt er im Dachstock hausen. Ein Akt der Gnade, mit dem sich Rachael zunächst nur schwer anfreunden kann.
Reales Feindbild, erfundenes Begehren
Für Rachael sind alle Deutschen ehemalige Nazis. Und mit denen sollte man bekanntlich nicht kooperieren, geschweige denn zusammenleben. Es dauert eine Weile, bis die nervlich angeschlagene Londonerin merkt: Ganz so einfach sind die Dinge nicht.
An diesem Punkt treffen sich Geschichte und Fiktion: Wohngemeinschaften zwischen Engländern und Deutschen hat es im bombenversehrten Hamburg tatsächlich gegeben. In einer solchen haben die Grosseltern von Autor Rhidian Brook ab 1947 gelebt.
Dessen weitsichtiger Opa half als englischer Offizier Deutschland nach Kriegsende beim Wiederaufbau. Rachael anfängliches Unbehagen spiegelt direkt den Gemütszustand von Brooks Oma wider. Frei erfunden ist dagegen die im Film ausführlich geschilderte Liebesaffäre mit dem deutschen Mitbewohner.
Fleischeslust in der Hamburger Nachkriegs-WG
Jammerschade, dass das der Film das aufkeimende Begehren seiner Hauptfiguren ins Zentrum stellt. Zumal der reale Hintergrund genügend Zunder geboten hätte, um ein packendes Geschichtsdrama zu erzählen.
Stattdessen dürfen wir Keira Knightley und Alexander Skarsgård dabei zusehen, wie sie sich anschmachten. Das wäre keine schlechte Sache, wenn es zwischen den beiden zumindest etwas knistern würde.
Weil es das nie wirklich tut, will der Funke aber partout nicht überspringen. Das Ergebnis ist eine durch und durch unglaubwürdige Lovestory.
Plädoyer für die synchronisierte Fassung
Für alle, die sich von dieser Kritik nicht abschrecken lassen, abschliessend ein Tipp: Entgegen sonstigen Gepflogenheiten favorisieren wir bei «The Aftermath» die Synchronversion. Ganz einfach, um sprachsensiblen Ohren Alexander Skarsgårds radebrechendes Deutsch zu ersparen.
Der Schwede spricht beispielsweise von der «Deutschen See», in welche die Elbe mündet. Der englische Begriff für dieses Meer sei ihm gerade entfallen, erklärt er seinen britischen Mitbewohnern.
Und das, obwohl sich der geläufige Begriff «Nordsee» kaum vom englischen «North Sea» unterscheidet. Angesichts solch sprachlich-geographischer Verirrungen leuchtet der deutsche Filmtitel richtig ein: «Niemandsland».
Kinostart: 11.4.2019