Vor langer, langer Zeit, in einer weit, weit entfernten Galaxis: Die Rebellen stehen kurz vor der Auslöschung. Denn die Erste Ordnung, eine fiese Truppe, die eine Diktatur im All errichten will, hat ihren Stützpunkt zerstört und ist ihnen dicht auf den Fersen. Ein paar Planeten entfernt will die junge Rey beim alten Jedi-Meister Luke Skywalker in die Ausbildung gehen, was der ablehnt.
In dieser Kürze wäre diese Inhaltszusammenfassung nahezu identisch mit der von «The Empire Strikes Back», dem zweiten «Star Wars»-Film von 1980. Auch da müssen die Rebellen zu Beginn fliehen und ein damals junger Luke Skywalker will vom greisen Jedi-Meister Yoda unterrichtet werden, der das für keine gute Idee hält.
Same same, but different
Diese Ähnlichkeiten gehören bei «Star Wars: The Last Jedi» und seinem Vorgänger von 2015 zum Prinzip. Und in diesem Fall ist es ein gutes Prinzip. Die Filme sind ein gekonntes Spiel mit bekannten Bildmotiven und Themen aus 40 Jahren «Krieg der Sterne». Das klingt erst einmal unkreativ, ist es aber nicht.
Es ist ein fröhliches Sampeln, ein lustiges Plündern der eigenen Ideen, was den Filmen Witz und Leichtigkeit gibt. «Plagiieren ist nur ein Problem, wenn man es nicht offen macht», hat der New Yorker Dichter und Literaturprofessor Kenneth Goldsmith einmal gesagt.
Uncreative Writing
Goldsmith ist Autor des Buches «Uncreative Writing: Sprachmanagement im digitalen Zeitalter». Unter anderem behauptet er, Kopieren wäre ein legitimes, literarisches Werkzeug. Wenn man die letzten beiden «Star Wars»-Filme gesehen hat, überkommt einen das Gefühl, die «Star Wars»-Macher haben das Buch gelesen und fürs Kino umgesetzt. Und dass sie plagiieren, ist nicht zu übersehen.
Es ist nicht einfach Copy/Paste. Aus bekannten Versatzstücken haben die Kreativen eine eigene, neue Geschichte montiert, die für sich Bestand hat und die Fans und Frischlingen Freude bringt. Kenner fühlen sich an zurückliegende Kinoerlebnisse erinnert, bekommen aber auch jede Menge neuen Stoff. Neulinge in der Materie haben nicht das Gefühl aufgekochtes Zeug zu sehen, sondern ein modernes Abenteuer ihrer Zeit.
Pinguine mit Kulleraugen
Schön sind die neuen Varianten, die aus dem Prozess von Kopieren und neu Zusammensetzen entstehen: Der einst idealistische Jedi Luke Skywalker ist zum desillusionierten Zyniker geworden.
Er lebt auf einer Insel voll behaarter Pinguine mit Kulleraugen und Reptilienwesen, die sein Haus putzen. Das Jeditum – der mystische Ritter- und Priesterkult des «Star Wars»-Universums – hält er für überholt. Bei seinem ersten Auftritt wirft er gleich mal das Lichtschwert über die Klippe.
Es gibt mehr Frauenpower. Haben früher Männer wie Luke Skywalker und der Schmuggler Han Solo die Ereignisse bestimmt, sind es heute Frauen wie die junge Rey und Prinzessin Leia, die die Handlung bestimmen.
Wer ist böse?
Vielleicht eine der interessantesten Änderungen: In «Star Wars: The Last Jedi» wird die starre Gut-Böse-Konstellation aufgehoben. Sogar die Ehrenhaftigkeit der ikonischen Figur Luke Skywalker wird in Frage gestellt. Und die junge Rey und der Darth-Vader-Erbe Kylo Ren liefern sich ein mentales Duell, bei dem man bis zum Ende nicht weiss, wer sich für die dunkle Seite der Macht entscheiden wird und wer nicht. Es gibt noch mehr solcher Varianten. Sie alle bringen der Filmreihe neue Impulse.
Natürlich ist «Star Wars: The Last Jedi» nicht perfekt. Das Weltraumabenteuer hat gefühlte drei Enden. Es gibt so viele Witze, dass das Spektakel dicht an einer Satire vorbeischrammt und wie so oft wird ein bisschen viel von der allgegenwärtigen Macht gefaselt. Aber was soll's. Das kreative Kopieren ist insgesamt gelungen.