«Ich lebe hier schon seit Jahrzehnten in der Quarantäne», scherzt Claude de Ribaupierre alias Derib und erlaubt mir, in seinem holzverkleideten Wohnzimmer die Maske abzunehmen. Wir sind in La-Tour-de-Peilz, oberhalb von Vevey, mit Sicht auf den Genfersee und auf die frisch verschneiten Chablais-Alpen.
Es ist nun aber nicht so, dass Derib mit «Yakari» Millionen verdient hätte und sich deshalb eine Villa in den Rebhängen der Riviera Vaudoise gönnt: Nein, das Haus hat sein Vater gebaut – ein Bildhauer aus der Region.
Derib erzählt das alles mit Herzblut: Schon vor dem Interview hat er sich gewünscht, nicht nur über «Yakari» zu sprechen.
Leidenschaft für die Natur
Der Künstler mit dem etwas längeren Haar beginnt ganz am Anfang: «Ich war gerade zwei Monate alt, da nahmen mich meine Eltern erstmals mit in die Berge, nach Les Haudères bei La Forclaz im Wallis. Fünf Jahre verbrachte ich da mit Eringerkühen und Murmeltieren.» Die unberührte Natur habe ihn geprägt.
Es ist also kein Zufall, dass Deribs bekannteste Figur ein lebhafter Junge ist, der vorwiegend mit Tieren zu tun hat: Der kleine Sioux-Indianer Yakari beherrscht Tiersprachen – und der neue Kinofilm erzählt nun, wie es dazu kam. Zudem lernt Yakari im Film seinen treusten Gefährten kennen, das Wildpferd namens «Kleiner Donner».
Viele Skripts zuvor abgelehnt
Das Filmprojekt begleitete Derib eher aus der Distanz: «Mein Freund Xavier Giacometti hat den Film geschrieben und inszeniert. Er hat zuvor schon an der Yakari-TV-Serie gearbeitet; er kennt das Universum in- und auswendig. Ihm kann ich vertrauen.»
Doch Derib fügt hinzu: «Es gab schon Skripts von anderen Leuten, die ich ablehnte. Einen namhaften Autoren bat ich einmal hierher und zeigte ihm alle Stellen, mit Bleistift markiert, die nicht zu Yakari passten. Er war enttäuscht, aber er verstand es.»
Respekt als Rezept
Das Vertrackte an den Yakari-Drehbüchern ist ihre Einfachheit: Es gibt keine bösen Kräfte, keine forcierten Wendepunkte, keine Intrigen.
Im Zentrum steht der Respekt vor der Natur, dem Leben, den Menschen. Yakari lernt viel von den Tieren. Es sind «positive Geschichten», wie Derib sagt, in der Tradition der Bildungsliteratur.
Einen diskreten pädagogischen Ansatz verfolgt Derib immer: Er zeichnete schon Comics über Jugendgewalt, Prostitution und AIDS – seine Bilderzählung «Jo» wurde in den 1980er-Jahren kostenlos an Schweizer Schulen abgegeben.
Und immer wieder tauchen Tiere auf: Kühe, Pferde, Hunde. Neu zeichnet Derib auch Tierarten, die vom Aussterben bedroht sind – für ein nächstes Projekt.
Mit Comics ermutigen
Man könnte Derib stundenlang zuhören: Über seine Lehrjahre in Brüssel. Über grosse Comic-Künstler, die er alle gekannt hat. Über seine Techniken. Über zeitgenössische Autoren, die er gut findet, oder schlecht. Über seinen Sohn, mit dem er zusammenarbeitet. Und immer wieder über Tierarten und Naturschutz.
Derib sagt: «In all meinen Projekten möchte ich den nächsten Generationen zeigen, dass die Welt nicht fix ist, dass man sie verändern kann. Und dass man mit Instinkt und der Willenskraft das erreicht, wozu man sich berufen fühlt.»
Damit spielt Derib auf Yakari an, aber natürlich auch auf sich selbst: Er wollte schon als kleiner Junge Tiere zeichnen – und das tut er heute noch.
Kinostart: 14. Oktober