Die ersten zehn Filmminuten von «Bruised» sind wie eine gekonnte Boxkombination: Schnell und direkt wird die harte Realität der ehemaligen Mix-Martial-Arts-Kämpferin Jackie (Halle Berry) etabliert: Armut, Abhängigkeit und Gewalt prägen ihren Alltag.
Ein mieses Leben
Nach einer Niederlage will sie nichts mehr mit dem Kämpfen zu tun haben, schrubbt stattdessen Toiletten und lässt sich von ihrem gewalttätigen Freund herumkommandieren.
Als sie am Rande einer illegalen Boxveranstaltung eine Fighterin brutal zusammenschlägt, passiert das Unglaubliche: Ein Promoter bietet ihr einen MMA-Titelkampf an.
Jackie nimmt das Angebot an, bei dem es für sie natürlich um viel mehr geht als um den Sieg. Zumal plötzlich ihr sechsjähriger Sohn vor der Tür steht, den sie eigentlich ihrem Ex überlassen hatte, um sich um ihre Karriere im Ring zu kümmern.
Halle Berry wollte «Bruised» unbedingt
Halle Berry suchte nach eigenen Angaben bewusst nach einer Aussenseiter-Geschichte, die sie sich auf den Leib schreiben liess und umsetzte.
Die Oscar-Preisträgerin («Monster’s Ball») hatte eine ganz besondere Motivation für ihr Regiedebüt: « Ich habe den Film für meine Tochter gemacht. Ich wollte, dass sie sieht, wie eine schwarze Frau kämpft und gewinnt», sagt sie in einem Netflix-Interview.
Gegen häusliche Gewalt
Halle Berry engagiert sich seit über 20 Jahren gegen häusliche Gewalt, sie hat diese in ihrer Kindheit und in gescheiterten Beziehungen am eigenen Leib erlebt. Kein Wunder also, dass sie das Thema, das in den USA immer noch viele schwarze Frauen betrifft, in «Bruised» behandelt.
Im Film muss sich Jackie deshalb nicht nur im Ring behaupten, sondern auch gegen ihren Freund. Und sie setzt sich zudem mit ihrer traumatischen Kindheit auseinander.
Übernahme eines männlichen Kinogenres
Mit «Bruised» erobert Halle Berry das von Männern dominierte Genre des Boxerdramas. Die Geschichte der Aussenseiterin, die gegen eine übermächtige Gegnerin und die Widrigkeiten des Lebens kämpft, erinnert natürlich an die «Rocky»-Filme.
Ein Film von Frauen für Frauen
«Buch und Regie von ‹Bruised› sind von einer Frau, die Hauptfigur ist eine Frau. Deshalb wollte ich unbedingt, dass der Soundtrack ausschliesslich von Frauen kommt», sagte Halle Berry.
So sind auf dem gelungenen Soundtrack unter anderem die Rapperinnen Cardi B und Saweetie vertreten, beide Stars der TikTok-Generation mit multi-ethnischem Hintergrund.
Halle Berry schafft es, die von Gewalt und Hoffnungslosigkeit geprägte Lebenssituation der MMA-Kämpferin Jackie gut in Szene zu setzen und grandios darzustellen.
Nicht alles ist immer klar
Aber der Charakter der Frau ist manchmal unklar. Eine Frage stellt sich während des Filmes immer wieder: Weshalb wehrt sich eine Fighterin wie Jackie nicht stärker und schneller mit ihren Fäusten gegen die Männer, die sie unterdrücken?
Newcomerin Sheila Atim brilliert
Viel fassbarer wirkt Jackies Trainerin Buddhakan, für die Zen-Meditation und rechte Haken, Härte und Mitgefühl kein Widerspruch sind.
Gespielt wird sie von der britischen Newcomerin Sheila Atim, die in ihrer ersten grossen amerikanischen Film-Produktion brilliert.
Und hier zeigt sich auch die weibliche Handschrift des Films: So ist es Buddhakan, die Jackie beibringt, sich selbst und andere wieder zu lieben.
Streaming-Start auf Netflix: 24. November 2021