Zum Inhalt springen

Header

Inhalt

Neu im Stream «Der Scheich»: Dieser Hochstapler narrt sogar den Nationalrat

Ein Deutscher gibt sich als katarischer Scheich aus. Und die halbe Schweiz glaubt ihm. Die Serie des Schweizer Regisseurs Dani Levy beruht auf «wahren Lügen».

Irgendwann steht Ringo (Björn Meyer) verkleidet als «arabischer Scheich» im Bundeshaus und faselt vor dem versammelten Nationalrat etwas von arabischen Sitten und grossen Investitionen. Dabei kennt der zweifache Familienvater aus dem Schwarzwald nur ein Wort auf Arabisch: «Inshallah». Und viel Geld hat er auch nicht, im Gegenteil. Er hat gerade seinen Job verloren.

Kurzkritik «Der Scheich»

Box aufklappen Box zuklappen

Der gutmütige Ringo (Björn Meyer) wird zwar von vielen belächelt, wäre aber eigentlich glücklich mit seiner Frau Carla (Petra Schmidt-Schaller) und den zwei Kindern. Wären da nicht zwei gerade aus dem Gefängnis entlassene Junkies, die von ihm Geld zurückfordern, das er ihnen angeblich schuldet. Und der steinreiche Schwiegervater, von dem sich Carla abgewandt hat, und der Ringo seither das Leben zur Hölle macht.

Bei einem Familienausflug in die Schweiz trifft Ringo zufällig auf den ehrgeizigen, aber erfolglosen Luxusimmobilien-Makler Urs (Philippe Graber). Spontan gibt Ringo vor, ein reicher Scheich aus Katar zu sein – im Glauben, den Makler nie mehr zu sehen. Doch der klammert sich sofort an den vermeintlichen Goldesel. Und Ringo verstrickt sich in immer absurdere Geschichten.

Die Serie braucht etwas, bis sie an Fahrt aufnimmt. Doch dank der vielen schrägen Figuren und dem liebenswerten Protagonisten wird man schnell gepackt. Die vielen Nebenhandlungen, die alle ineinander verwoben sind, machen die Serie über alle 8 Folgen hinweg unterhaltsam und spannend.

Dass ihm die halbe Schweiz glaubt, dass er ein Scheich aus Katar ist, hat er seinem Talent fürs Geschichtenerzählen zu verdanken.

Ein Mann in langem Gewand hält eine Rede vor einer Gruppe Menschen in eine prunkvollen Raum.
Legende: Der falsche Scheich hält eine flammende Rede in Bundesbern. Stephanie Kulbach/Paramount+

Die Story der neuen Serie «Der Scheich» klingt schräg. Warum sollten gestandene Geschäftsleute dem bleichen, akzentfrei Deutsch sprechenden Ringo glauben, dass er ein reicher arabischer Sohn ist, der sein Milliardenvermögen in ihre Projekte investieren will?

Video
Trailer «Der Scheich»
Aus Kultur Extras vom 08.12.2022.
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 16 Sekunden.

Doch der Serie liegen wahre Begebenheiten zugrunde. Oder eben «wahre Lügen», wie zu Beginn jeder Folge verkündet wird. Einen Deutschen, der als falscher Scheich die Schweiz narrte, gab es wirklich: Volker Eckel wurde 2012 wegen Betrugs zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Er versprach 2009 unter anderem, 300 Millionen Franken in den Zürcher Fussballclub GC zu investieren.

Durch einen Artikel über ebendiesen Volker Eckel kam Regisseur Dani Levy auf die Idee für seine Serie. «Ich war fasziniert von diesem Mann. Wer kommt auf so eine Idee, sich als Scheich auszugeben und anderen Menschen so viel Geld zu versprechen? Und hatte er irgendwann selber vergessen, dass das alles Lüge war? », sagt er. Den echten Volker Eckel hat Levy aber nicht getroffen. Bewusst.

Ein Mann mit Brille und kurzen Haaren, vor ihm eine Kamera
Legende: Regisseur Dani Levy hatte fürs Drehbuchschreiben, Drehen und Schneiden der Serie gerade mal 15 Monate Zeit. Stephanie Kulbach/Paramount+

«Über die psychische Verfassung von Volker Eckel wussten wir einfach zu wenig. Aber die Hauptfigur einer Serie muss man verstehen, auch um sie zu lieben. Deshalb nahm ich die Idee als Grundlage. Und baute darum herum eine Geschichte, die auf der emotionalen Ebene nachvollziehbar war.»

Ein liebenswürdiger Hochstapler

Dani Levys Ringo ist ein liebenswerter Bär, der sich immer tiefer in seine Lügen verstrickt. Weil er nicht Nein sagen kann und niemanden verletzen möchte.

Es ist ein Zusammenspiel zwischen Täter und Opfern. Die Opfer werden selbst auch zu Tätern. Die geldgierigen Politikerinnen und Geschäftsmänner, die für die Erreichung ihrer Ziele alles tun würden, treiben den Hochstapler immer tiefer in seine Lüge.

Ein Mann, eine Frau, ein Mädchen und ein Junge sitzen um einen Esstisch und lachen.
Legende: Im Palast des Scheichs: Eigentlich ist Ringo ein arbeitsloser Maler und Familienvater. Stephanie Kulbach/Paramount+

«Mich hat fasziniert, wie man mit seiner eigenen Gier und Sehnsucht einer Wahrheit aufsitzen kann, die man einfach glauben will, obwohl man mit ein bisschen Nachdenken schnell merken würde, dass sie nicht stimmen kann», sagt Dani Levy.

Der Regisseur sieht seine Serie auch als Kommentar zur Gesellschaft. «In einem kapitalistischen System wie dem unseren funktionieren solche Hochstapler. Wir sind alle anfällig für jemanden, der uns verspricht, all unsere Wünsche mit seinem Geld zu erfüllen.»

Seit 22. Dezember auf Paramount+

Radio SRF 2 Kultur, Kino im Kopf, 07.01.2023, 08:30 Uhr

Meistgelesene Artikel