Leichen häufen sich im Umfeld einer wohltätigen Zürcher Organisation. Deren Verantwortliche habe dubiose Zweigstellen eingerichtet, die zwischen den Spendengeldern und den Bedürftigen stehen. Aber ist das ein Grund, ihnen gleich mit einem Bolzenschussgerät zu Leibe zu rücken?
Bereits zum fünften Mal ermitteln Tessa Ott und Isabelle Grandjean von der Zürcher Kantonspolizei im «Tatort». Die Folge «Seilschaft» stammt aus der Feder der Autorinnen Claudia Pütz und Karin Heberlein.
Beide sind neu beim Zürcher Tatort, aber keineswegs neu im Geschäft: Pütz hat zuvor an rund 20 Folgen für den «Bestatter» mitgeschrieben. Heberlein brachte als Autorin und Regisseurin 2020 ihren ersten Spielfilm «Sami, Joe und ich» in die Kinos.
Endlich zusammengewachsen
Was am neuen Drehbuch sofort auffällt, ist das Zusammenspiel der Ermittlerinnen Grandjean und Ott: In früheren Folgen wirkten die beiden Polizistinnen in ihrer «Knallhart»-Attitüde bisweilen leicht überzeichnet. Manchmal schienen sie nur deshalb ein Duo zu sein, um einander den Stand der Ermittlungen zu erklären. Wie zu trübsten Derrick-Zeiten.
Das hat sich zum Positiven verändert: In «Seilschaft» sind Grandjean und Ott in ihren Persönlichkeiten gut aufeinander abgestimmt, und ihre Reaktionen auf das grausige Geschehen wirken glaubwürdig.
Die Figurenbibel als Leitfaden
Zum Ausgangspunkt ihrer Schreibarbeit halten die Autorinnen gemeinsam fest: «Grandjean und Ott haben ihre jeweils individuelle Sichtweise auf die Welt, die in der Figurenbibel des Tatort Zürichs festgelegt ist. Ihre Charaktere sind von den unterschiedlichsten Erlebnissen geprägt. Wir haben versucht, diese Hintergrundgeschichten in die Handlung einfliessen zu lassen.»
Die Chemie des Duos würde sich stets entwickeln, betonen die Autorinnen: «Unsere Ermittlerinnen brauchen natürlich etwas Zeit, bis sie ein gut eingespieltes Team werden. Eine neue Paarbeziehung ist ja immer einer unvorhersehbaren und vielleicht auch dramatischen Dynamik ausgesetzt – wie im echten Leben.» Diese Ansätze bewähren sich.
Blutvergiessen mit persönlicher Note
Was lässt sich über den aktuellen Fall sagen, ohne zu viel zu verraten? Wer auch immer die Menschen in der Karitativbranche umbringt, beseitigt dabei nicht nur unliebsame Personen: Die Morde sind aufwändig geplante Hinrichtungen.
In einer aufschlussreichen Szene lässt sich Tessa Ott von ihrem Lebenspartner in einem privaten Moment bestätigen, dass man sich für ein persönliches Geschenk mehr Zeit nimmt als für ein offizielles Präsent. Sie folgert daraus, dass in diesem Fall ein persönliches Motiv vorliegen muss – Rache.
Leichen als Zeichen
Die Opfer werden mit sadistischem Kalkül getötet, aber mehr noch: Der Mörder hinterlässt seine Leichen in entwürdigenden Positionen. Pütz und Heberlein lassen allerdings den Vorwurf nicht gelten, dieser Fokus auf bewusst brutal inszenierte Morde würde der Folge einen Dreh ins Reisserische versetzen.
Sie halten fest: «Im ‹Tatort› wird physische Gewalt meist nicht explizit gezeigt. Im Fokus stehen die psychologischen Hintergründe. Im vorliegenden Fall korrespondiert die Gewalt mit den Kommissarinnen, respektive mit der Gesellschaft. Man kann diese Gewalt drastisch finden. Noch drastischer sind allerdings die Motive, die dahinterstecken.»
Welche dieser Motive das sind, soll an dieser Stelle allerdings nicht verraten werden. Es wäre ein grosser Spoiler.