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Neue Wege in der Krise Das Zurich Film Festival gründet einen neuen Filmmarkt

Filme in Zeiten von Corona zu verkaufen, ist schwierig. Das ZFF will helfen und ruft einen Ersatz für die abgesagten Filmmärkte ins Leben.

Aktuell ist der Sechseläutenplatz praktisch menschenleer. Aber Ende September soll hier das Zurich Film Festival (ZFF) stattfinden.

Offen ist, ob das Festival überhaupt durchgeführt werden kann. Gut möglich, dass Grossveranstaltungen dann noch verboten sind.

Aber wenn es stattfindet, dann zum ersten Mal mit einem Filmmarkt. Den hat das ZFF zusammen mit dem spanischen Filmfestival San Sebastian ins Leben gerufen.

Das ZFF profitiert von der Corona-Krise

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Legende: Christian Jungen will gestrandeten Filmen eine Plattform bieten. Gabriel Hill

Christian Jungen, der künstlerische Leiter des Festivals, will damit unabhängigen Filmen helfen. Weil es nach der coronabedingten Absage vieler Veranstaltungen keinen Ort mehr gibt, wo diese Produktionen präsentiert und deren Filmrechte erworben werden können.

«Diese kleinen Produktionen brauchen die mediale Aufmerksamkeit eines Festivals, um überhaupt wahrgenommen zu werden. Sie brauchen Festivals, um einen Verleiher zu finden, der sie später ins Kino bringt. Wir wollen helfen. Indem wir einen Markt abhalten, wo diese unabhänigen Projekte eine Plattform bekommen und vielleicht Käufer finden», erklärt Christian Jungen.

Die Idee scheint einen Nerv getroffen zu haben. «Wir sind ein wenig Nutzniesser der gegenwärtigen Situation. Normalerweise sind wir Bittsteller. Jetzt treten viele Firmen mit Wünschen an uns heran», sagt Christian Jungen.

Schweizer Filmverleihe stehen hinter der Idee

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Legende: Yves Blösche vom Schweizer Verleih Filmcoopi Zürich AG begrüsst den neuen Filmmarkt. SRF

Yves Blösche vom Schweizer Filmverleih Filmcoopi Zürich begrüsst den Vorstoss des Zurich Film Festivals. In Corona-Zeiten sei es schwieriger an gute Projekte zu kommen.

«Der Filmmarkt erhöht die Angebotsvielfalt, es werden mehr Filme gezeigt, es werden mehr Leute aus der Industrie nach Zürich reisen. Und auch für uns Verleiher ist es interessant, dass mehr Filme in der Schweiz präsentiert werden und wir diese schlussendlich auch in den Kinos zeigen können», sagt er.

Stephan Giger ist der CEO des Schweizer Verleihs Ascot Elite Entertainment Group. Er ist skeptisch, ob das ZFF im Herbst stattfinden wird. Aber die Idee des neuen Filmmarktes findet er gut.

«Er bietet Filmemachern eine Ersatzplattform, auf der sie ihre Projekte einem grossen Publikum vorstellen können», so Giger.

Cannes plant virtuellen Filmmarkt

Schrift Marché du Film
Legende: Cannes hat den grössten Filmmarkt weltweit. Wegen Corona findet er 2020 nur virtuell statt. Keystone / EPA / Sébastien Nogier

Der weltweit grösste internationale Filmmarkt findet jährlich in Cannes statt. Normalerweise mit rund 12'000 Teilnehmern. Über 3000 Filme werden hier angeboten. Aufgrund der aktuellen Situation findet er diesmal im Internet statt.

«We Are One»: ein globales Filmfestival im Netz

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Cannes, Venedig, Toronto, Locarno, Berlin, Tokio, Sundance und Tribeca: Die grossen Filmfestivals werden dieses Jahr wohl alle abgesagt. Dafür findet vom 29. Mai bis zum 7. Juni 2020 «We Are One: A Global Filmfestival» auf YouTube statt.

Das ganze Programm wird gratis abrufbar sein. Noch ist das Line-up nicht bekannt – es wird von Kuratorinnen und Kuratoren diverser Filmfestivals zusammengestellt und soll die ganze Palette an Langfilmen, Kurzfilmen, Dokus und Diskussionen umfassen. Mit Spenden will man die WHO unterstützen.

Kleiner Projekte und Arthouse-Filme werden es bei dieser virtuellen Ausgabe schwieriger haben, glaubt Christian Jungen. Deshalb ist er von seiner Idee eines Zürcher Filmmarkts überzeugt.

Und nach der Corona-Krise? Stephan Giger von Ascot Elite glaubt, dass es dann den zusätzlichen Verkaufsort wohl nicht mehr brauchen werde. ZFF-Leiter Christian Jungen sieht das nicht viel anders.

«Wir sind nicht naiv. Wenn nächstes Jahr keine Pandemie grassiert, dann wird das Bedürfnis nach einem zusätzlichen Markt sicher kleiner sein», sagt er.

SRF1, Tagesschau, 27.4.20, 19:30 Uhr

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