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NIFFF 2023 Das Filmfestival in Neuchâtel widmet sich dem «Störfaktor Frau»

Rächerinnen, Femmes Fatales, Monster-Frauen – im Film sind oft jene weiblichen Figuren spannend, die aus der Norm ausbrechen. Das NIFFF widmet ihnen eine Retrospektive.

Reicher Mann liebt mittellose Waise. Anfangs scheint es wie eine klassische Liebesgeschichte. Gegen den Widerstand seiner Familie heiraten die beiden. Doch dann stellt sich heraus, dass die Frau sich in eine Schlange verwandeln kann.

Eine Frau mit langem Kleid und viel Schmuck tanzt in einem vornehmen Haus.
Legende: Rajni (gespielt von der Schaupsielerin Sridevi) kann sich im Film «Nagina» in eine Schlange verwandeln – doch was führt sie im Schilde? Eastern Films

Die indische Romanze «Nagina» aus dem Jahr 1986 läuft am Neuchâtel International Fantastic Film Festival (NIFFF) in der Retrospektive «Female Trouble». Zusammen mit rund 20 anderen Filmen aus den letzten gut 100 Jahren.

Böse, weil sie an der Ordnung rütteln

«Bei Monster-Frauen, wie Hauptfigur Rajni in ‹Nagina›, wird oft die männliche Angst auf eine Frau projiziert», sagt Pierre-Yves Walder, künstlerischer Leiter des NIFFF.

«In der Retrospektive zeigen wir weibliche Figuren wie Rajni, die die geltende Ordnung stören. Solche Frauen wurden oft nicht positiv dargestellt, manchmal waren sie die Bösen. Weil sie an der herrschenden Rollenbildern rüttelten. Das ist Female Trouble.»

Ein Mann mit kurzen Haaren und Hemd steht in einer Gasse, an den Häuserfassaden hängen Fahnen mit dem Schriftzug NIFFF.
Legende: Pierre-Yves Walder ist seit 2021 künstlerischer Leiter des NIFFF. Keystone / Jean-Christophe Bott

Das NIFFF ist als einziges Festival der Schweiz dem Fantasyfilm und ähnlichen Genres gewidmet. Im fantastischen Film würden einerseits oft Klischees reproduziert, sagt Pierre-Yves Walder. «Das beste Beispiel dafür ist das «final girl»: die junge Frau, die in einem Horrorfilm am Ende überlebt», sagt er. «Sie ist immer die Nette – sie hat keinen Sex, nimmt keine Drogen, trinkt keinen Alkohol. Das ist moralisierend.»

Andererseits gäbe es im fantastischen Film aber auch eine unglaubliche Freiheit der Figuren. Diese sollen in der Retrospektive hervorgehoben werden: Femmes Fatales, Kämpferinnen, Rächerinnen, Actionheldinnen.

Eine Familie mit Vater, Mutter, Tochter und Sohn sitzt lächelnd am Frühstückstisch.
Legende: Beverly (stehend, gespielt von Kathleen Turner) gibt im Spielfilm «Serial Mom» (1994) die perfekte Hausfrau – doch wenn ihr jemand in die Quere kommt, schlägt sie auch mal mit einer grillierten Lammkeule zu. Imago/Ronald Grant

Einige der Filme sind Klassiker, wie «Alien II» aus dem Jahr 1986. «Sigourney Weaver als muskulöse Weltraumkämpferin Ellen Ripley hat viele Aspekte, die man normalerweise Männern zuschreibt», sagt Pierre-Yves Walder.

«Das wird heute oft kritisiert. Denn ihre Verwandlung vom ersten Teil der Reihe zum zweiten wirkt erzwungen. Trotzdem ist sie ein spannendes Beispiel für eine weibliche Figur.»

Eine Frau mit einem grossen Gewehr in der Hand.
Legende: Für ihre Rolle als Ellen Ripley in «Aliens – Die Rückkehr» wurde Sigourney Weaver für einen Oscar nominiert. Imago/Entertainment Pictures

Andere Filme sind weniger bekannt. Wie der älteste Film der Retrospektive, der Stummfilm «Filibus» aus dem Jahr 1915. Er handelt von einer Diebin, die in einem Luftschiff herumfliegt und oft Männerkleidung trägt.

«Sie ist aus heutiger Sicht eine sehr moderne, coole Figur», sagt der künstlerische Leiter des NIFFF. Das sei längts nicht bei allen Frauenfiguren so. Doch im Grossen und Ganzen hätten sie sich über die Jahre verändert. «Sie sind heute oft komplexer. Weniger oberflächlich.»

Ein altes Foto einer Frau im Kleid und eines Mannes im Anzug.
Legende: Diese Baroness führt ein Doppelleben – als Gaunerin Filibus narrt sie im gleichnamigen Film von 1915 die halbe Welt. Imago/Everett Collection

Das hänge auch mit Veränderungen in der Filmbranche zusammen. «Es gibt mehr Produzentinnen, Drehbuchautorinnen, Regisseurinnen. Oft nehmen diese Frauen die bekannten Muster und geben ihnen einen neuen Twist.»

Die Kuratorinnen und Kuratoren der Reihe seien sich im Klaren, dass sie keinen abschliessenden Katalog mit allen weiblichen Archetypen zusammenstellen können, sagt der künstlerische Leiter. Doch die Auswahl soll zu Diskussionen über Rollenbilder anregen.

Veranstaltungshinweis

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Das Neuchâtel International Fantastic Film Festival (NIFFF) findet vom Freitag, 30. Juni 2023 bis zum Samstag, 8. Juli 2023 statt.

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SRF 1, Tagesschau, 30.06.2023, 19:30 Uhr

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