Zum Inhalt springen

Header

Inhalt

Film & Serien «Offshore»: Aus Rache ging ein Schweizer Ex-Banker zu Assange

Rudolf Elmer ist in Finanzkreisen berüchtigt: Der Ex-Manager der Bank Julius Bär stand 2011 wegen Verletzung des Schweizer Bankgeheimnisses vor Gericht, nachdem er Kundendaten veröffentlicht hatte. Der Dokumentarfilm «Offshore» zeigt den Gesinnungswandel des Whistleblowers.

Die Cayman Islands in der Karibik waren einst ein gefürchtetes Piratennest. Auch Rudolf Elmer, der dort in den Nullerjahren im Auftrag seiner Bank Julius Bär arbeitete, war so etwas wie ein Freibeuter. Statt eines Säbels trug der Schweizer freilich nur einen Laptop bei sich, mit dem er Finanzen optimierte, wie Steuerbetrug im Bankenjargon heisst.

Doch sollte das Glück im Steuerparadies nicht lange währen: Elmers US-amerikanische Vorgesetzte schlugen ein rasantes Tempo an, dem der Schweizer weder folgen wollte noch konnte. Der Manager wurde unter Druck gesetzt und schliesslich gefeuert. Als er aus der Karibik abreiste, nahm er ein Andenken mit – vertrauliche Kundendaten.

Auftritt mit Julian Assange

Regisseur Werner Schweizer hat über den Gesinnungswandel des einstigen Managers Rudolf Elmer einen persönlich gefärbten Dokumentarfilm gedreht. Redselig und durchwegs sympathisch berichtet der ehemalige Banker davon, wie er nach seiner Entlassung Kopien vertraulicher Daten als «Lebensversicherung» zurückbehalten hatte. Und dass seine ersten Veröffentlichungen mehr mit verletztem Stolz zu tun hatten als mit Gerechtigkeitssinn.

Bürgerliche Karriere, linke Sicht

In «Offshore – Elmer und das Bankgeheimnis» begnügt sich Werner Schweizer aber nicht nur damit, den Aufstieg und Fall eines Bankers nachzuzeichnen. Der Regisseur und Alt-68er sieht in Rudolf Elmer so etwas wie einen fehlgeleiteten Bruder im Geiste, der sich erst nach einem langen Leidensweg zur «richtigen» Seite bekannte.

Werner Schweizer

Box aufklappen Box zuklappen

Im Interview spricht der Regisseur von «Offshore» über den Dreh hinter den Kulissen einer Schweizer Privatbank.

Der Dokumentarfilm öffnet so eine alternative, linke Sicht auf die bürgerliche Bankenkarriere von Rudolf Elmer und stellt teils überraschende Zusammenhänge her: Das Aufkommen harter Drogen nach den Zürcher Jugendunruhen etwa schaltet der Regisseur mit dem US-amerikanischen «War on Drugs» kurz – der wiederum die Schweizer Banken wegen Geldwäscherei in den Fokus der Justiz brachte.

Gewinn und Gewissen

Solche Zusammenhänge werden aber nur flüchtig angedeutet, was von der Geschichte des Protagonisten eher ablenkt. Als Einblick in eine Branche aber, die sich auf dem schmalen Grat zwischen Diskretion und Unverschämtheit, Gewissen und Gewinnstreben bewegt, ist das filmische Porträt durchwegs spannend.

Sendung: Kultur kompakt, Radio SRF 2 Kultur, 17.03.2016, 06:20 Uhr.

Meistgelesene Artikel