Zum Inhalt springen

Header

Video
Pionier der filmischen Spezialeffekte: Phil Tippett
Aus Kultur Webvideos vom 10.08.2021.
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 38 Sekunden.
Inhalt

Pionier der Special-Effects Wie der verrückte Bastler Phil Tippett Dinos zum Leben erweckte

In «Jurassic Park» hat er Dinosaurier laufen gelehrt. Jetzt erhält Phil Tippett in Locarno einen Preis fürs Lebenswerk.

Es ist ein Monsterprojekt im wahrsten Sinne des Wortes: der experimentelle Stop-Motion-Film «Mad God». Vor über 30 Jahren hat die Special-Effects-Koryphäe Phil Tippett mit der Arbeit am Film begonnen. Jetzt endlich schafft es die finale Fassung auf die Kinoleinwand am Filmfestival von Locarno.

Braune, monsterhafte Figur mit grossen Zähnen
Legende: Ein Höllentrip: Phil Tippetts Animationsfilm «Mad God» spielt in einer verrückten Unterwelt voller Monster und schräger Kreaturen. Tippett Studios

Es ist das Werk eines verrückten Bastlers, ein Höllentrip durch eine vergammelte Unterwelt, in der wahnsinnige Wissenschaftler monsterhaften Fabelwesen die Eingeweide rausreissen. Nachvollziehbare Handlung? Fehlanzeige. «Mad God» ist ein Film gewordener Albtraum. Kein Werk fürs breite Publikum, eher eine Hommage von Tippett an sich selbst.

Ein Preis fürs Lebenswerk

Und darum geht es hier auch: eine Hommage an Phil Tippett, den 69-jährigen Amerikaner, der mit seinen Animationen und Effekten Filmgeschichte schrieb. Das Filmfestival von Locarno verleiht ihm deshalb einen Preis fürs Lebenswerk.

Phil Tippett hält einen goldenen Leoparden in den Händen
Legende: Phil Tippett erhält am Locarno Filmfestival eine goldenen Leoparden für sein Lebenswerk. Getty Images / Rosdiana Ciaravolo

Dieses Werk dürfte auch Filmfans bekannt sein, die den Namen Phil Tippett noch nie gehört haben: «RoboCop», «Jurassic Park» und «Star Wars» gehören zu den Filmen, die er massgeblich geprägt hat. Und mit denen er ein riesiges Publikum erreichte.

Zwei Oscars

Für den ersten «Star Wars»-Film hat ihn Regisseur George Lucas bereits 1975 an Bord geholt. Für viel Aufsehen sorgte Tippett 1980 mit dem Sequal «The Empire Strikes Back». Er schuf dafür die Go-Motion-Technik, eine Weiterentwicklung der Stop-Motion.

Modell eines vierbeinigen «Imperial Walkers» aus «Star Wars».
Legende: Ein Originalmodell der «Imperial Walker», die Phil Tippett in «Star Wars: The Empire Strikes Back» zum Leben erweckte. IMAGO / ZUMA Wire

Damit erweckte er unter anderem die «AT-AT Imperial Walkers» zum Leben, die vierbeinigen Killermaschinen des Imperiums. Drei Jahre später gewann er für «Return of the Jedi» seinen ersten Oscar.

Steven Spielbergs «Jurassic Park» trug ihm 1994 seinen zweiten Oscar ein. Mit dem Film prägte er unser Bild, wie sich Dinosaurier bewegen könnten. Er markierte zudem einen Wendepunkt in Tippetts Karriere.

Was ist «Go-Motion»?

Box aufklappen Box zuklappen

Bei Stop-Motion-Animationen werden Gegenstände animiert, indem sie für jedes neue Bild geringfügig verändert werden. Dabei wird für jedes Bild im Film eine Einstellung fotografiert. Die endgültige Sequenz verliert jedoch dabei ihre natürliche Bewegungsunschärfe, wodurch die Animationen beim Abspielen des Films ruckartig erscheinen können.

Um eine Unschärfewirkung zu erzeugen, werden beim Go-Motion-Verfahren die Objekte durch computergesteuerte Motoren bewegt, während der Kameraverschluss geöffnet ist. So wirken die beweglichen Teile auf natürliche Weise leicht unscharf.

Wechsel zur Computeranimation

Eigentlich hätte dieser die Dinosaurier mit seiner Go-Motion-Technik animieren sollen. Doch Spielberg war plötzlich angetan von einer neuen Technik: der Computeranimation (CGI). «Ich glaube, ich bin ausgestorben», soll Tippett gesagt haben. Doch er blieb als Leiter der Animationsabteilung des Films an Bord – mit Erfolg.

Es folgten zahlreiche weitere Hollywood-Produktionen, in denen seine Firma Tippett Studio für Animation und visuelle Effekte verantwortlich zeichnete – nun mit CGI: von «Starship Troopers» über «The Twilight Saga» bis zur neuen Marvel-Serie «The Falcon and the Winter Soldier».

Nur neun Leute verlassen den Kinosaal

Phil Tippett hat der Digitalisierung seines Handwerks jedoch nie viel abgewinnen können. Die Twilight-Filme nennt er sogar «crappy», Mist, aber er habe halt seine Brötchen verdienen müssen. Sein Herz schlägt noch immer für Stop-Motion. Das zeigt auch sein Grusel-Epos «Mad God», welches er nun in Locarno gut gelaunt und mit zerzaustem Haar und Bart präsentiert.

Es hätten nur neun Personen den Kinosaal während der Vorführung verlassen, sagt er beim anschliessenden Publikumsgespräch – er hat offensichtlich mitgezählt. Das ist wahrlich keine schlechte Bilanz bei diesem irrwitzigen Filmexperiment, bei dem er alte und neue Animationstechniken kombiniert.

Seine Bedeutung für die Filmkunst unterstreicht Phil Tippett mit einer Anekdote gleich selbst. Er habe als Jugendlicher in der Highschool ein Buch über Spezialeffekte geklaut, erzählt er, ein einflussreiches Standardwerk seiner Zeit. Viele Jahre später habe es eine Neuauflage des Buchs gegeben, und er habe festgestellt: «Ich bin auch drin!»

SRF 1, 10vor10, 5.8.2021, 21:50 Uhr

Meistgelesene Artikel