Sie lebt den urbanen Frauentraum. Jules (Anne Hathaway) leitet in New York Brooklyn ihre hippe Online-Firma für hippe Mode und natürlich mit genauso hippen Angestellten. Die dauergestresste Chefin ist nicht nur ganz oben auf der Karriereleiter, sondern auch noch Ehefrau und Mutter.
Wegen eines Beschäftigungsprogramms für Rentner bekommt die Superfrau des 21. Jahrhunderts den ältesten Praktikanten des 21. Jahrhunderts. Der 70-jährige Ben (Robert De Niro) ist der klassische Kavalier der alten Schule. Er hält Frauen die Tür auf, trägt Anzug und geht mit Aktenkoffer zur Arbeit. Der Generationskonflikt ist da unvermeidbar. Doch Ben entwickelt sich schnell zum Liebling und Konfliktlöser unter den Mitarbeitern. Sogar für Jules wird er, nach paar Anlaufschwierigkeiten, unverzichtbar.
Ein starkes Argument
Firmenchefin Jules Ostin wird von ihrem Assistent vom Vorteil der Praktikanten ab 60 überzeugt. «Stell dir vor, wir könnten einen Praktikanten haben, der wertvolle Lebenserfahrung mitbringt. Anstatt einen, der die letzten vier Jahre seines Lebens mit Bier-Tischtennis verbracht hat.»
Die Regisseurin
Die Drehbuchautorin und Regisseurin Nancy Meyers steht für grosse Gefühle. Romantische Komödien wie «Something’s Gotta Give» («Was das Herz begehrt») mit Jack Nicholson und Diane Keaton oder «It’s Complicated» («Wenn Liebe so einfach wäre») mit Meryl Streep und Alec Baldwin zählen zu ihren bekanntesten Werken. Bei ihren Romanzen setzt sie auf berühmte, ältere Schauspieler und trifft damit ins Herz eines reiferen Publikums. «The Intern» ist keine Romanze. In diesem Film versucht die Regisseurin mit den Klischees zweier Generationen zu jonglieren. Ein Beispiel: Im Film stellt sich heraus, dass das Grossraumbüro der Online-Firma (natürlich eine trendige Industrie-Halle) früher einmal die Fabrik war, in welcher der pensionierte Praktikant all seine Arbeitsjahre verbracht hat. Und was stellte er her? Telefonbücher. Ein Musterbeispiel für vom Aussterben bedrohten Produkten durch die digitale Evolution. Solche schablonenhafte Beispiele für die Veränderung der Zeit wirken abgegriffen.
Fakten, die man wissen sollte
Nur weil der Film die Arbeitswelt einer jungen, angesagten Online-Firma ausleuchtet, rechtfertigt es noch lange nicht, den Zuschauer übertrieben vielen Produktplatzierungen auszusetzen. Durchgehend werden einem Firmenlogos wie Apple oder Skype vor Augen gehalten und Facebook erhält sogar eine ganze Szene. Bei so viel Markenpräsenz ist der Begriff «Schleichwerbung» untertrieben. Die Finanzierung mittels Produktplatzierungen ist in der Filmbranche zwar eine übliche Methode, aber zu stark eingesetzt, hinterlässt sie einen künstlichen Beigeschmack.
Das Urteil
«The Intern» beginnt vielversprechend. Anne Hathaway und Robert De Niro harmonieren wunderbar zusammen. Auch die Geschichte über den unterforderten Rentner, der hinauszieht, um die digitale Arbeitswelt zu entdecken, hat durchaus seine charmanten und lustigen Momente. Doch spätestens als sich die notorisch gestresste Chefin, die täglich perfekt gestylt durch das Büro stöckelt, sich auch noch als Mutter und Ehefrau entpuppt, entfaltet der Film den Klischee-Fächer in all seinen dramaturgisch-vorhersehbaren Facetten. Man hat es schon etliche Male gesehen: Starke Powerfrau trinkt zu viel. Sie wird sentimental, offenbart ihre Sorgen, muss sich übergeben und natürlich steht ihr ein treuer Freund, diesmal mit altklugen Ratschlägen, zur Seite. «The Intern» mag zwar die Zutaten für eine nette Wohlfühl-Komödie haben, doch der charmante Nancy-Meyers-Humor ist zwischen Klischees, Markeninszenierungen und konservativen Botschaften untergegangen.
Kinostart: 24.09.2015