Zum Inhalt springen

Schweizer Tatort «Rapunzel» Der haarsträubende Fall einer Perückenmacherin

Der Schweizer «Tatort» lässt die Haare herunter: In der neuen Folge mit dem Titel «Rapunzel» geht es um Frisuren, Toupets und Schnäuze. Am Anfang steht der Mord an der Tochter einer Perückenmacherin, Grandjean und Ott ermitteln in der Folge unter Friseuren und Haardiebinnen. Wir haben mit dem Regisseur gesprochen.

Tobias Ineichen

Regisseur

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Der gebürtige Luzerner Tobias Ineichen ist Regisseur zahlreicher Kino- und Fernsehfilme. Unter anderem hat er bei vielen «Tatort»-Folgen Regie geführt, auch bei sieben Schweizer Episoden, die in Luzern und Zürich spielen. Ineichen lebt in Zürich und Paris.

SRF: Mord wegen einer Perücke: Mit Verlaub, ist das nicht etwas an den Haaren herbeigezogen?

Tobias Ineichen: Ich wusste, dass diese Frage kommt. Mit Drehbuchautor Adrian Illien habe ich eine Wette am Laufen, welche Haar-Wortspiele in Artikeln zu unserer «Tatort»-Folge stehen werden. Ich hatte die Frage auch gestellt, als ich das Drehbuch erstmals gesehen habe. Aber es geht eigentlich gar nicht um diesen Mord – sondern um die Frage, was uns Haare bedeuten.

Person zeigt Polizeiausweis hinter Glasvitrine.
Legende: Die eine knotet Haare, die andere knüpft sich Verdächtige vor: Kommissarin Grandjean (Anna Pieri Zuercher) befragt die Perückenmacherin. SRF/Valeriano Di Domenico

Sind Haare so wertvoll, wie es der Film zeigt?

Echtes Menschenhaar ist sehr gesucht. Vor allem helle europäische Haartypen, die weniger dick sind, sind unglaublich teuer. Das ist ein Milliardengeschäft.

Im Film verlieren einige Figuren ihre Haare. Mussten die Schauspielerinnen Haare lassen?

Nein, das ist die Kunst unseres Maskenbildners Marc Hollenstein und seiner Crew. Die haben mit Silikon Glatzen gemacht, auf die von Hand Haare geknüpft wurden.

Haare sind ein Spiegel unserer Seele.

Das Silikon wird über die echten Haare gelegt, wenn man an dieser Stelle schneidet, sieht es aus, als würden wirklich Haare abgeschnitten.

Frau stylt Haare im Friseursalon.
Legende: Falsche Frisuren aus echten Haaren können kostspielig werden. Daraus spinnt «Rapunzel» einen haarsträubenden Kriminalfall. SRF/Valeriano Di Domenico

Wer entscheidet bei einem Film, wie die Frisuren aussehen?

Ich mache das gemeinsam mit den Masken- und Kostümbildnern. Da sind ästhetische Aspekte wichtig – sind die Haare schwarz oder blond, dünn oder füllig? Dann gibt es die Frage der Machbarkeit.

Der Maskenbildner hat bei meinen Wünschen sofort Kosten und Zeitaufwand berechnet. Das bestimmt, wie oft man eine Szene wiederholen kann. Können wir zwei Haarteile machen, oder können wir nur ein einziges Mal abschneiden?

Sagt die Frisur etwas aus über eine Figur aus?

Haare verleihen einer Figur Lebenskraft. Wenn man die Haare verliert, gilt das als Symbol für Potenzverlust, obwohl das oft gar nicht stimmt. Es kann auch Hinweise auf die Psyche geben – wenn man von einem Tag auf den anderen grau wird, weil man psychisch belastet ist. Wenn jemand die Frisur komplett vernachlässigt, sagt das auch etwas. Haare sind ein Spiegel unserer Seele.

Was braucht es, damit Haare im Film gut aussehen?

Wenn in einem Werbespot eine Frau ihre langen Haare in Zeitlupe fallen lässt, sind spezialisierte Kameraleute am Werk. Haare können im Film langweilig und matt aussehen.

Nach fünf Wochen sehe ich aus wie ein verrückter Professor.

Damit sie zur Geltung kommen, braucht es von der Kameraabteilung spezielle Sorgfalt. Das im Rahmen eines «Tatort»-Drehs vom Budget und der Zeit her zu bewerkstelligen, war eine Herausforderung. Aber es hat Spass gemacht.

Mann mit weissem Haar vor brauner Wand.
Legende: Regisseur Tobias Ineichen wird nach eigenen Angaben ab und zu mit Moderator Max Moor verwechselt. Oder mit einer Tischbombe. Ariane Pochon

Wenn ich Sie sehe, muss ich wegen Ihrer Haare an den Regisseur David Lynch denken. Ein Zufall?

Ja. Ich mag Lynch, aber ich mache ganz andere Filme. Ich habe diese Frisur, seit ich 15 oder 16 bin. Wegen der Farbe werde ich immer zehn Jahre älter geschätzt, aber ich habe Glück, dass mir die Haare nicht ausfallen. Sie wachsen einfach sehr schnell, nach fünf Wochen sehe ich aus wie ein verrückter Professor. Ein Freund von mir sagt, ich hätte eine Frisur wie eine Tischbombe.

Wollten Sie nie was anderes ausprobieren?

Mir ist keine bessere Variante eingefallen bis jetzt. Es ist auch erstaunlich: In der Presse ist es jedes Mal ein Thema, wenn ein Politiker seine Haare färbt oder ein Toupet trägt. Ich frage mich manchmal, warum. Wahrscheinlich hat es eben damit zu tun, dass wir aus den Haaren viel über einen Menschen lesen.

Das Gespräch führte Andres Hutter.

Sendungshinweis

Box aufklappen Box zuklappen

Die neuste Folge des Zürcher Tatorts mit dem Titel «Rapunzel» läuft am 15.6.2025 um 20:05 Uhr auf SRF 1 und Play SRF.

Radio SRF 3, 13.6.2025, 17:50 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel