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Trailer zu «Don't Blink – Robert Frank»
Aus Kultur Extras vom 06.06.2016.
abspielen. Laufzeit 1 Minute 46 Sekunden.
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Film & Serien So Frank, so frei: Die Lebensbilder eines Jahrhundertfotografen

Der Fotograf und Filmemacher Robert Frank hat sein Leben hinter der Kamera verbracht. Jetzt bringt seine Cutterin den Schweizer Schweiger vor der Kamera zum Reden. «Don't Blink» ist ein filmisches Denkmal für einen Überkünstler mit Hang zum Understatement.

«Ich hasse diese verdammten Interviews», sagt er und läuft aus dem

Bild. Eine Archivaufnahme aus dem Jahre 1984: Laura Israel hat sie in ihren

eigenen Dokumentarfilm geschnitten.

Die kurze Sequenz zeigt Robert Frank, wie er von einem Journalisten zu seinem filmischen Arbeiten befragt wird, dem der Schweizer Fotograf von Weltrang sich zu dieser Zeit vor allem widmet.

Wollen und Sollen

Die Frage, warum er jetzt Filme drehe, mag Robert Frank nicht beantworten. Gespielte Gereiztheit eines ungern Befragten: Könnte der Journalist nicht zur Abwechslung eine vernünftige Frage stellen? Frank zieht an der Zigarette: «Warum wollen Sie nicht wissen, wie ich letzte Nacht geschlafen habe?»

Programmänderung

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In Gedenken an Robert Frank ändert SRF das Programm. SRF info zeigt am Mittwoch, 11.9.2019, 21.00 Uhr den Dokumentarfilm «Robert Frank - Don't blink» zu Leben und Werk des in Zürich geborenen Fotografen. Wiederholung: Sonntag, 15.9. um 11:55 Uhr auf SRF 1.

Diese Frage wird ihm Laura Israel ebenso wenig stellen. Warum auch: Es ist ja nicht zu übersehen, wie hellwach Frank noch mit über 90 ist – und wie anders-schwarz sein Humor. Nur zum Beispiel: Frank hat seinen Sohn nach dem spanischen Cellisten Pablo Casals benannt; die geliebte Tochter Andrea dagegen heisst wie ein untergegangenes Schiff.

Fragen stellt Laura Israel selten; schon gar nicht jene nach dem Wollen und

Sollen in der Kunst. Die Cutterin mehrerer Robert-Frank-Filme weiss, dass der

Schweizer Schweiger sie am liebsten mit einem Satz abtut: «It’s always better to do something than nothing.»

Die Lady im Lift

Vertrautheit, die nicht zwingend die englische Sprache braucht: Vielleicht

ihretwegen finden sich in «Don’t Blink» überraschende Einsichten und Antworten. Auf die eine hat die Kunstwelt fast 60 Jahre lang gewartet.

Kein Geringerer als Jack Kerouac wollte ganz am Ende seiner Einführung zu Franks epochalem Fotobuch «The Americans» wissen, wie denn das heisse Liftgirl heisse, «das in einem Fahrstuhl voller schemenhafter Dämonen seufzend nach oben blickt.»

«Eva Cunningham», sagt Robert Frank in seinem Atelier. Er hat sich, nicht zum

letzten Mal in diesem Dokumentarfilm, in die Kontaktbögen seiner berühmtesten Fotos vertieft.

«Echt jetzt?», tönt Laura Israels Stimme aus dem Off. Und man

weiss nicht recht: Passiert das einfach alles so, oder ist es vielleicht doch

inszeniert? Grosses Gelächter: Robert Frank hat den Namen eben rasch

erfunden.

Ein Mann vor einem Film, der auf eine Wand projiziert wird.
Legende: Grosser Schattenwurf: Robert Frank vor einem seiner Filme. Praesens-Film

Bitte nicht lächeln!

«Don’t Blink»: Das ist das mitunter sehr ungebändigte Portrait des Künstlers als alter Mann. Fotos, Filmausschnitte und Fetzen von Gespräch: Daraus ergibt sich das nicht nur runde Bild eines kratzbürstigen Mannes. Und zwar nicht, weil er nicht glatt rasiert ist.

Israel zeigt Frank immer wieder in seinem Atelier in New York («Ich kann einfach nichts wegwerfen»), oft beim Durchsehen alter, auch mal fremder Fotos («Daraus könnte ich einen ganzen Film machen»).

Kleiner Tipp des grossen Meisters an die Hobbyfotografen: «Hauptsache scharf und das Objekt lächelt!» Das sind genau die Dinge, an die Frank selbst sich nie gehalten hat. «Idealerweise», sagt er später, «bekommen die Menschen gar nicht mit, dass man sie im Visier hat.»

«A fucking good film»

Über weite Strecken ist «Don’t Blink» ein Roadtrip durch Franks New

York und das bewegte Leben eines Ruhelosen – mit Halt an allen wichtigeren

Stationen: Die Enge von Zürich-Enge, das er 1947 verliess. Die ersten, die harten Jahre in New York. Der grosse Erfolg mit «The Americans».

Die frühen Filmprojekte. «Cocksucker Blues» – der Frank-Tour-Film der Rolling Stones, dessen Vorführung Mick Jagger höchstselbst untersagte: «It's a fucking good film, Robert. But if it shows in America, we'll never be allowed in the country again.»

Der Neuanfang mit der zweiten Ehefrau im kanadischen Niemandsland. Der Tod der beiden Kinder aus erster Ehe. Pablo und Andrea: Frank – in seiner Kunst so persönlich, als Mensch oft schwer fassbar – hat die Geschwister in «Conversations in Vermont» festgehalten, einer seiner berührendsten Arbeiten.

In einer Szene des Films fährt Robert Frank mit Laura Israel durch einen Tunnel in New York. Gleich wird es Licht, ruft Frank auf dem Rücksitz des Wagens: «So muss dieser Film aufhören, Laura. Muss!» Er dauert dann zum Glück noch über eine Stunde.

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