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Solothurner Filmtage Die Schönheit des digitalen Kinos

Filmrollen, Staub auf Projektoren, ein körniger Look: Die gute, alte Kino-Technologie gehört der Vergangenheit an. Jean-Vincent Simonet sucht nach der Ästhetik des digitalen Kinos. Auf seinen Fotos haucht er Objekten aus Metall eine Seele ein. Der Fotograf über neue Technologien und alte Vorlieben.

Sie haben für die Solothurner Filmtage eine Foto-Reihe über die Ästhetik der Digitalisierung im Film erarbeitet. Was interessiert Sie an diesem Thema, und was hat es mit Ihnen und Ihrer Arbeit als Fotograf zu tun?

Jean-Vincent Simonet: Wenn man an Kino denkt, denkt man automatisch an Dinge wie Filmrollen, grosse alte Projektoren, Staub, den körnigen Farb-Look der 1970er-Jahre. Ich verbinde mit Kino etwas, das mittlerweile veraltet und nicht mehr aktuell ist. Und ich glaube, den meisten Leuten geht es so. Die Technologie im Kino hat sich enorm entwickelt. Das ist etwas, was den meisten Leuten gar nicht so präsent ist, wenn sie ins Kino gehen. Ausserdem war ich auch einfach selbst neugierig und wollte sehen, wie das heutzutage alles aussieht.

Eine graue Festplatte, einseitig leicht violett angestrahlt.
Legende: Eine Festplatte? Jean-Vincent Simonet beleuchtet die fremde Schönheit des digitalen Kinos. Jean-Vincent Simonet

Wenn ich das Thema in Verbindung zu meiner Arbeit als Fotograf bringe: Ich interessiere mich sehr für den Mix von unterschiedlichen Formaten. Ich arbeite oft mit alten analogen Techniken, ganz alten Kameras, und benutze gleichzeitig neue Formen der digitalen Bildbearbeitung. Mich interessiert diese Lücke zwischen den verschiedenen Technologien. Bei der Arbeit in Solothurn habe ich zwar ausschliesslich digital gearbeitet. Aber inhaltlich war es für mich ein ähnlicher Prozess, indem ich einen ganz anderen Blickwinkel des Kinos zeige.

Denken Sie, dass die Digitalisierung unsere sinnliche Wahrnehmung von Film beeinflusst?

Ich denke eher, dass die Digitalisierung unsere Vorstellung von Kino beeinflusst, nicht die Wahrnehmung von Film. Statt den ganzen alten Sachen gibt es heute in den Kinos riesige Räume voll mit Computern, die Daten verarbeiten. Das ist vielleicht weniger romantisch als eine Filmrolle, aber so ist es heute nun mal. Ich denke, das war der Ansatz meiner Arbeit in Solothurn.

Zur Person

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Jean-Vincent Simonet, geboren 1991 in Lyon, Frankreich, lebt und arbeitet in Lausanne. 2014 hat er seine Ausbildung an der ECAL abgeschlossen und arbeitet seither als freier Fotograf in den Bereichen Editorial, Mode und Experimental Fotografie. 2015 wurde er mit dem Swiss Design Award ausgezeichnet und im gleichen Jahr als Foam Talent ausgewählt.

Ich zumindest verbinde den Begriff und das Konzept der Digitalisierung mit Begriffen wie Industrialisierung, Computerisierung, mit Kühle und Leere, Seelenlosigkeit. Empfinden sie das auch so?

Ich habe mit meiner Arbeit genau das Gegenteil zu machen versucht. Es hat zwar nicht viele Menschen in meinen Bildern, man sieht hauptsächlich technisches Equipment und Festplatten. Aber um diese Gegenstände zu illustrieren, habe ich eine fotografische Technik gewählt, die sie lebendig machen sollte.

Ich habe bewusst versucht, kein flaches Licht zu setzen – auch oder gerade weil meine Sujets aus Metall sind. Oder Computer, Objekte, die völlig entmenschlicht scheinen. Mit der Lichtsetzung und dem Framing habe ich versucht, sie aus dem Kontext zu heben, sie aus ihrer Realität zu lösen und ihnen damit eine ganz neue Stellung zu geben.

Die Farbigkeit des Lichts ist auch etwas was bei ihren Bildern ins Auge sticht.

Das war für mich der interessanteste Punkt. Ich habe mich zwar entschieden, dass ich mit meinen Bildern nahe an der Realität bleiben und zeigen wollte, was hier tatsächlich hinter den Kulissen geschieht. Es gab keine Mise en Scène: Ich habe fotografiert, während die Dinge um mich herum geschahen.

Drei gelbe Koffer, aufeinandergestapelt.
Legende: Kaum Menschen zu sehen auf Simonets Bildern – dafür haucht er den Gegenständen Leben ein. Jean-Vincent Simonet

Trotzdem habe ich immer ein gesetztes, einheitliches Licht benutzt. Einerseits um die Bilder formal zu verbinden, es ist das gleiche Licht, dass sich durch alle Bilder zieht und eine einheitliche Atmosphäre schafft. Andererseits, um ihnen einen etwas anderen Look aus Elementen des zeitgenössischen Films zu verleihen.

Und weil wir ja hier an einem Filmfestival sind: Für welche Art Film interessieren Sie sich, wird ihre Arbeit als Fotograf vielleicht sogar vom Film beeinflusst?

Es gibt einen Regisseur den ich wirklich sehr, sehr mag: Gaspar Noé. Er hat unter anderem «Enter the Void» gemacht. Die Fotografie in diesem Film ist wahnsinnig – die Farben, die Kamerafahrten, einfach alle Elemente der Kameraarbeit. Ich mag auch das Schauspiel und die Themen dieses Films. Jedes Mal fühlt es sich einerseits total fern der Realität an: der Umgang mit den Farben, die Handlung – und andererseits doch so real: die Beziehung der Charaktere zum Beispiel. Das ist eine Filmarbeit, die ich wirklich gerne mag. Das inspiriert mich auf jeden Fall.

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