Der grosse Blockbuster des vergangenen Frühlings hätte die Realverfilmung des Zeichentrickklassikers «Mulan» werden sollen. Nach unzähligen Verschiebungen des Kinostartdatums kann man sich den Film hierzulande nun endlich ansehen.
Zuhause. Mit einem «Disney+»-Abonnement. Solange man bereit ist, einmalig 29 Franken draufzuzahlen. Vermutlich, weil die Vorstellung, noch ein paar Monate mehr zu warten, unmöglich scheint.
Dass ein 200-Millionen-Dollar-Film in weiten Teilen der Welt – darunter auch den USA – auf diese Weise veröffentlicht wird, kann eigentlich nur als Marketingmassnahme verstanden werden.
Ausnahme oder Firmenpolitik?
Disney-CEO Bob Chapek bezeichnete die Strategie als einmalige Ausnahme. Sagte allerdings auch, dass man aufmerksam verfolgen werde, wie sich die Kaufzahlen und Neuregistrierungen ab dem Veröffentlichungsdatum entwickeln.
Der Streamingdienst als Kino-Ersatz statt Alternative. Vor ein paar Jahren nur schwer vorstellbar.
Die Schweizerinnen und Schweizer, ohnehin nicht eben ein Volk von Kino-Enthusiasten, blieben den Lichtspielhäusern seit deren Wiedereröffnung grösstenteils fern. Nur am guten Wetter und interessanten Streaming-Angeboten hat dies natürlich nicht gelegen.
Fakt ist: Den Kinos, allen voran den mainstreamorientierten, wäre ein Film wie «Mulan» gelegen gekommen. Die Kitag, die grösste Schweizer Kinokette, liess mehrere Anfragen, über die Entscheidung von Disney zu sprechen, unbeantwortet.
«Eine happige Nachricht»
Frank Braun ist verantwortlich für das Programm der Neugass Kino AG. Dazu gehört auch das Zürcher Kino Houdini, wo «Mulan» gezeigt worden wäre. Er trägt die Entscheidung von Disney mit Fassung:
«Für uns ist die Tragweite dieser Annullation nicht so gross, weil der Film bei uns nicht diesen einmalig wichtigen Stellenwert hatte. Aber ich denke für die Mehrheit der Schweizer Kinos ist das eine happige Nachricht.»
Bedenken, dass in Zukunft aber auch immer mehr Arthouse- und Independent-Filme ins Netz abwandern könnten, hat Braun durchaus.
Pessimistisch zeigt er sich deswegen nicht: «Ich denke, wir werden uns irgendwie wieder einrichten können. Sodass sich unser Publikum zur Krönung eines Filmgenusses nach wie vor ins Kino bewegt.»
«Mulan» allerdings wird man hierzulande nicht auf der grossen Leinwand geniessen können. Dazu müsste man nach China oder Russland reisen. Denn in Ländern, in denen es Disney+ noch nicht gibt, kommt der Film in die Kinos.