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Superhelden Captain America ist nicht tot zu kriegen

Captain America wird 80. In seinen Comic-Abenteuern spiegelt sich die Geschichte der Vereinigten Staaten. Eine kleine Reise durch die Zeit.

Das Kostüm von Captain America ist die US-Flagge. Wächter der Freiheit ist einer seiner Beinamen. Seine Kumpel im Comic nennen ihn schlicht Cap.

Seit 80 Jahren kämpft er auf Comicseiten, in B-Movie-Serials, TV-Filmen, Zeichentrick- und Kinoabenteuern.

Captain America

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Legende: Marvel.com

Der schwächliche Steve Rogers, der mehrfach ausgemustert wurde, nimmt zu Beginn des Zweiten Weltkriegs an einem Experiment des US-Militärs teil, schluckt ein Serum und wird dadurch zum Supersoldaten.

Steve Rogers bleibt der einzige, weil der Forscher, der den Zaubertrank erfunden hat, von einem Nazi-Spion erschossen wird.

In einem Kostüm in den Farben der amerikanischen Nationalflagge und einem Schild zieht er in den Kampf.

Cap war von seiner Geburt an ein politischer Maskenträger. Die amerikanischen Juden Joe Simon und Jack Kirby erfanden ihn, als die Nazis plündernd durch Europa zogen.

Gegen Hitler

Gleich im ersten Abenteuer verprügelte Cap Adolf Hitler. Damit war er seiner Zeit voraus. Als das Heft im Dezember 1940 (Coverdatum März 1941) erschien, waren die USA noch nicht in den Zweiten Weltkrieg eingetreten.

Comic-Cover
Legende: Das Cover des ersten Captain America- Comics. Marvel.com

Als die USA nach dem Sieg über Deutschland und Japan in den Kalten Krieg gegen den Kommunismus zog, kämpfte Cap wieder an vorderster Front.

Die Politik seiner Regierung war damals auch seine Politik. Das änderte sich im Laufe der Jahrzehnte.

Caps Comics entwickelten sich zu Kommentaren aktueller Ereignisse, was für ein Massenprodukt, das eigentlich nur viele Leser haben will, erstaunlich ist.

Drei Beispiele.

Erstens: Cap und die Bürgerrechtsbewegung

In der Zeit der Bürgerrechtsbewegung setzten die Autoren von Cap ein Zeichen. Sie gaben ihm Ende der 1960er-Jahre einen afroamerikanischen Partner namens «The Falcon».

The Falcon und Cap
Legende: Auftritt des ersten afro-amerikanischen Superhelden. Marvel.com

Einen farbigen Superhelden im Mainstream hatte es bis dahin nicht gegeben. Aber: So richtig gleichberechtigt waren die beiden anfangs nicht. «The Falcon» war damals ganz klar das schwächere Helferlein von Cap.

Und so fortschrittlich die Wahl des neuen Partners war, die Geschichten waren es nicht immer.

Captain America und The Falcon stürmen nach vorne
Legende: «The Falcon» tauchte erstmals 1969 auf. marvel.com

Afroamerikanische Bürgerrechtler (und auch linke Studentengruppen) wurden in den Comics von Alt-Nazis und Gangstern unterwandert. Cap und sein Partner mussten zur Rettung antreten.

Konservative behaupteten damals, dass die Protestierenden von unamerikanischen Kräften verführt waren. Genauso kann man diese absurden Storys deuten.

Solche Zweideutigkeiten sind heute zum Glück Geschichte. Und «The Falcon» ist nicht mehr der kleine Sidekick. Gegen Ende der Präsidentschaft von Barack Obama übernahm er vorrübergehend Caps Kostüm und Titel.

Captain America mit Schild und Flügeln
Legende: Obama war der erste afro-amerikanische Präsident, «The Falcon» ab 2015 der erste afro-amerikanische Captain America. Marvel.com

Und die Autoren liessen keine Zweifel, was sie erzählen wollten.

Wie der erste farbige US-Präsident musste sich der erste farbige Captain America anhören, dass er nicht qualifiziert genug für den Job wäre und sich mit Rechten und Rassisten rumschlagen.

Ein halbes Jahr nach Ende der Obama-Adminstration gab «The Falcon» frustiert sein Amt ab, weil er nicht glaubte, als Superpatriot dem Land helfen zu können.

Zweitens: Cap und der Patriot Act

Cap ist ein patriotischer Abenteurer, der sich als Verkörperung des amerikanischen Traumes versteht. Für den die Freiheit des Individuums der höchste Wert ist. Dafür kämpft er. Manchmal bis zum Tod. Auch gegen die Regierung.

2007 geschah in Caps Comic-Universum etwas Einschneidendes. Bei einem Kampf zwischen einem Superschurken und einer Gruppe unerfahrener Helden kam es zu einer Katastrophe, bei der viele Menschen starben.

Washington reagierte, wollte aus Sicherheitsgründen alle Metawesen registrieren und ihre Geheimidentitäten erfahren. Cap sah darin eine Verletzung der bürgerlichen Freiheiten und ging in den Untergrund.

Cap kämpft gegen Iron Man
Legende: Für seine Überzeugung kämpft Cap auch gegen ehemalige Freunde. Marvel.com

Wieviel Freiheit bin ich bereit für die Sicherheit aufzugeben? Diese Fragen tauchte nicht zufällig in den Comics auf.

Sie wurde in den USA nach 9/11 immer wieder heftig diskutiert, vor allem nachdem die Bush-Administration den Patriot Act durchgesetzt hatte, ein landesweites Überwachungsprogramm, das die Grundrechte einschränkte.

Captain America liegt erschossen am Boden
Legende: Über den Tod des Comichelden berichteten unter anderem die New York Times, CNN und Spiegel Online. Ein Beleg für die Relevanz des kostümierten Streiters. Marvel.com

Die Autoren liessen Cap bei seinem Kampf gegen das Registrierungsgesetz sterben.

Dem ungeschriebenen Gesetz des Superheldengenres «Keiner stirbt für immer» folgend, erlebte Cap natürlich bald nach seinem Ableben seine Auferstehung.

Drittens: Cap, Trump und die Angst vor der Diktatur

Etwas überraschendes machten die Autoren mit Cap als Präsident Donald Trump frisch im Amt war und Kritiker wegen dessen Auftritten auf Twitter, seinem Umgang mit der Presse und den nationalen Behörden die Demokratie in Gefahr sahen.

Die Autoren transferierten diese Ängste in die Comics.

Eine überirdische Macht verwandelte Cap in einen faschistischen Fighter, der die Ideale der USA verriet und eine Diktatur errichtete.

Ein riesiger Captain America zerdrückt andere Helden in seiner Faust
Legende: Viele Fans waren entsetzt, als Cap 2017 zum Schurken wurde. Marvel.com

Mittlerweile ist Cap wieder ganz er selbst, muss sich aber das Vertrauen der Bevölkerung wieder erwerben.

Ta-Nehisi Coates

Geschrieben werden Caps Geschichten zurzeit von Ta-Nehisi Coates, einem der grossen afroamerikanischen Intellektuellen der USA, der die Figur nutzt, um die aktuelle politische Zerissenheit im Land zu analysieren.

Sicher ist: Wie immer die USA sich in Zukunft verändern wird, Cap ist bereit.

Radio SRF 3, 18.12.2020, 16:10 Uhr

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