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Digital-Redaktor Jürg Tschirren über die Technologie hinter «The Mandalorian»
Aus Digital Podcast (MP3) vom 15.04.2020. Bild: Imago images / Disney
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 34 Sekunden.

«The Mandalorian» Fantastische Filmwelten dank Game-Technologie

Holodeck statt Greenscreen: Die Science-Fiction-Serie von Disney zeigt die Zukunft von Spezialeffekten. Mit Technologie aus Computer-Games.

Die im «Star Wars»-Universum angesiedelte Serie «The Mandalorian» ist der ersten Hit des Streaming-Dienstes Disney+. Stichwort: Baby Yoda.

Beim Dreh von «The Mandalorian» setzte Produzent Jon Favreau auf eine neue Technologie, die für den Umgang mit Spezialeffekten wegweisend ist: Statt vor einem Greenscreen wurde gut die Hälfte der Einstellungen in einem 6 Meter hohen und über 20 Meter breiten, runden Studio gefilmt. Ein Studio, das innen ganz mit LED-Wänden ausgekleidet ist.

Eine Wand mit 28 Millionen Pixeln

Vier leistungsstarke, miteinander verbundenen PCs rechnen Landschaften, Hintergründe und Spezialeffekte in Echtzeit auf die 28 Millionen Pixel dieser LED-Wände. Die Bilder auf den Wänden wurden mit der Unreal Engine erschaffen, die sonst in Games wie «Fortnite» farbenprächtige Computerwelten kreiert.

Beim «Mandalorian»-Dreh kann das Bild dynamisch auf die Position der Kamera reagieren und bewegt sich mit ihr zusammen. Für Schauspieler und Kameraleute entsteht so der Eindruck, tatsächlich in der Filmlandschaft zu stehen. Ein Trick, der ironischerweise an eine Erfindung aus der Welt von «Star Trek» erinnert: das Holodeck.

Der Regisseur und Schauspieler Werner Herzog bei «The Mandalorian»
Legende: Auch der Schauspieler und Regisseur Werner Herzog stand bei «The Mandalorian» im 6 Meter hohen und über 20 Meter breiten Studio, auf dessen Innenwände in Echtzeit Hintergründe und Spezialeffekte gerechnet werden. imago images

Weil die LED-Wände auch eine Lichtquelle sind, strahlen sie die Schauspieler an. Eine Explosion etwa spiegelt sich so auf dem metallenen Helm eines Statisten. Mit herkömmlicher Technik wäre dort nur der grüne Schimmer des Greenscreens zu sehen, der in der Postproduktion herausgerechnet und durch die Reflexion der Explosion ersetzt werden muss.

Kein Warten mehr auf die fertigen Effekte

Die neue Technologie macht für Schauspieler die Arbeit in Produktionen mit vielen Spezialeffekten wieder realistischer. Sie können nun tatsächlich mit der Welt um sie herum interagieren.

Statt bloss auf eine grüne Wand oder einen Tennisball zu schauen, der anzeigen soll, wo später eine Computerfigur zu sehen ist, können sie ihrem in Echtzeit generierten Gegenüber tatsächlich in die Augen sehen.

Ein Portrait des «The Mandalorian»-Produzenten Jon Favreau
Legende: «The Mandalorian»-Produzent Jon Favreau sammelte schon beim Live-Action-Remake des Disney-Klassikers «The Lion King» Erfahrungen mit der neusten Digital-Technologie. imago images

Auch die Arbeit des Regisseurs wird einfacher: Statt wochenlang zu warten, bis Effekte und Landschaften erst in der Postproduktion entstehen, sieht er das fertige Bild nun schon beim Dreh.

So kann er sofort auf Probleme reagieren und zum Beispiel die Landschaft im Hintergrund anpassen– etwa einen Berg schnell von links nach rechts schieben.

Serien können bald aussehen wie Kino-Blockbuster

Die Technik hat so viele Vorteile, dass sie sich in Hollywood rasch durchsetzen wird. Verschiedene Studios sollen bereits an eigenen Lösungen arbeiten. Denn längerfristig können sie damit viel Geld sparen.

Statt teuren Aussenaufnahmen mit der ganzen Besetzung zu machen, kann bloss ein einzelnes Kamerateam die Aufnahmen vor Ort machen, die später auf den Wänden des Studios zu sehen sind. Damit werden spektakuläre Bilder auch für Serien möglich, deren Budget viel kleiner ist als das von Kino-Blockbustern.

Eine Szene aus der Serie «The Mandalorian»
Legende: Dem Regisseur gibt die neue Technologie die Möglichkeit, Landschaften im Hintergrund noch während dem Dreh zu veränderen. imago images

Noch vor wenigen Jahren wäre das nicht möglich gewesen: Weder die LED-Wände noch die Software, sie zu bespielen, war weit genug. Noch heute dürfen die Kameras nicht zu nahe an die Studiowände heranfahren, weil sonst die einzelnen Pixel sichtbar werden.

Auch das wird sich in Zukunft noch verbessern – und die grünen Wände der Greenscreens wohl vom Studio in die Requisite wandern.

SRF 3, 15. April, 16:50 Uhr

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